
Der Beginn des gestrigen Arbeitstags (08.11.) war nicht für alle in Zürich so eintönig und leer wie sonst. Während den Stosszeiten am morgen wurden Strassen blockiert und Tramgleise sabotiert in der Stadt Zürich.
Ursprünglich veröffentlicht auf Barrikade Info.
Es ist Krieg in Rojava
In den letzten Jahren hat sich in Rojava (im Nordosten Syriens) einer der wenigen Versuche unserer Zeit, Veränderungen der Zustände herbeizuführen konkretisiert. Nicht alles ist perfekt; dieses Projekt entspricht vielleicht in vielem auch nicht unseren Vorstellung einer anderen Welt oder einer Revolution und doch müssen wir anerkennen, dass Rojava ein Versuch ist. In diesem Raum entstehen Möglichkeiten, einen (kleinen) Raum um zu experimentieren, ein Schimmer Hoffnung, dass es Möglichkeiten gibt, wie diese abscheuliche Welt, so wie sie heute besteht, irgendwann Platz machen könnte für eine Andere Welt. Und gleichzeitig ist dieser Ort aber auch der Lebensraum von Menschen.
Die Bedeutung von Rojava und ähnlichen Experimenten, Aufstände, Räume und Möglichkeiten der Revolten die sich eröffnen, gehen weit über ihre rein physische oder regionale Lage hinaus. Die Einflüsse, Reflexionen, Ideen und menschliche Beziehungen entstehen und setzen sich über Grenzen hinweg, beeinflussen Bewegungen, Individuen und Leben an verschiedenen Orten. Sie geben uns Kraft um weiter zu kämpfen in einer Situation in der vieles so ausweglos und festgefahren zu sein scheint.
Solche Orte können nur solange bestehen, wie die Realität, die sie erschaffen, nicht so real wird, dass sie mit staatlichen, militärischen, finanziellen Interessen kollidiert. Wenn an einem Ort irgendwas anderes entstehen soll, was der Status Quo in Frage stellt, darf dieser Ort nicht weiter bestehen und muss verschwinden.
Seit dem 9. Oktober greift eine der grössten NATO-Armeen der Welt (Türkei) zusammen mit Dschihadisten-Milizen Rojava an. Faschistische und fundamentalistische Ideologien richten eine ganze Region zu Grunde und gehen über Leichen um ihre Macht zu bestätigen. Die Interessen derer, die für die Erhaltung der Staaten und der aktuellen Zustände stehen, zerstören und vernichten Menschenleben und menschliche Existenzen. Die Menschen vor Ort aber, kapitulieren nicht vor dieser Übermacht, stellen sich einer riesigen Armee in den Weg und kämpfen weiter so gut sie können!

Kriegszustände in Chile
In Chile hören wir seit dem 18. Oktober auch von Aufständen, von Menschen die genug haben von prekären Lebensverhältnisse und Unterdrückung, Polizeistaaten und neoliberalen Reformen. Was mit Protesten gegen steigende Kosten der öffentlichen Verkehrsmittel in Santiago angefangen hat, hat sich wie eine soziale Explosion aufs ganze Land ausgebreitet. Riesige Menschenmengen auf der Strasse, Ausschreitungen, Plünderungen, Inbrandsetzen von Institutionen und Symbolen der Macht und Kontrolle über ihrer Leben, Angriffe auf Polizei, Angriffe und Zerstörung von Infrastruktur, die zum Funktionieren der Ausbeutungsmaschine wichtig sind. Diese Unruhen sind ein Ausdruck der aufgestauten Wut der letzten Jahrzehnte, die in unkontrollierbarer und unregierbarer Form sich Luft und Raum verschafft. Diese Revolte hat keine Parteien und politische Repräsentant*innen.
Der Staat unter der Regierung Piñeras hat den Ausnahmezustand ausgerufen, weil die Proteste und Funken sich ausgebreitet haben und unkontrollierbar zu werden drohen. Das Militär ist auf den Strassen, sie haben eine Ausgangssperre erlassen, die aber auch ignoriert wurde von vielen. Die Informationen über die aktuellen Zustände sickern nur so langsam durch soziale Medien und alternative Kanäle durch, den der Staat will die Macht über die Bilder und Informationen behalten. Mit militärischen Mitteln zur Unterdrückung von Aufständen kann der Staat mit Legitimation und ohne grosse Hindernisse morden, vergewaltigen und foltern. Es ist Krieg! Die Menschen lassen sich nicht so einfach einschüchtern und spalten. Sie machen weiter. Bis jetzt, sagen die Menschen noch Chile despertó!
Der lang anhaltende Krieg gegen Migrant*innen
In Europa erleben wir seit langer Zeit einen ’leisen’ Krieg: den Krieg gegen Migrant*innen und die extreme Militarisierung der Grenzen. Ein Krieg, dem schon tausende von Menschen zum Opfer gefallen sind. ‚Fortress Europe‘ ist eine Kriegsmaschine und das Mittelmeer ist ein Massengrab. Die ‚freiheitliche Demokratien‘ Europas, machen Deals und unterstützen andere Staaten und Regierungen ausserhalb Europas, damit sie mit allen Mitteln Menschen aus andere Regionen dieser Welt davon abhalten sich auf den Weg nach Europa zu machen. Je weiter weg von Europa sie hängen bleiben, desto besser. Und je weniger wir davon wissen und sehen, desto weniger Verantwortung tragen wir alle hier in Europa. Milliarden werden investiert in militärische Grenzschutzanlagen, Überwachungsmaterial, Datenbanken, Grenzschutzagenturen und Grenzbullen. Alles um den Wohlstand zu schützen, der sich über Jahrhunderte – durch Morden, Kolonisieren, Ausbeuten, Versklaven und Zerstören, hier und an anderen Orte dieser Welt – im heutigen Europa akkumuliert hat.
Und so zittern auch die EU-Staaten und ihre Strategen und Bürokrat*innen, wenn der faschistische Erdogan damit droht die Grenzen der Türkei zum restlichen Europa zu öffnen und 3.6 Millionen Flüchtlinge nach Europa zu schicken. Sichtbar wird hiermit nur was Menschenleben in diesem Spiel bedeuten… Nichts! Alle diese Mächtige Männer (und Frauen) spielen ihre Brettspiele und setzen ihre Figuren und Karten ein, ohne dass es für sie einen Unterschied machen würde wie viele Realitäten damit zerstört werden, wie viel Menschen sterben. Im Moment halten Erdogan und die AKP Regierung die Menschen davon ab in andere europäische Staaten zu gelangen, und bekommen im Gegenzug finanzielle Unterstützungen, sowie die Unterstützung der europäischen Staaten für die türkische Kriegspolitik. Die, die Türkei verlassen können und zum Beispiel irgendwie auf dem Meeresweg griechische Inseln erreichen können, müssen für unbestimmte Zeit in sogenannte „Hotspots“ verharren – ein anderes, moderneres Wort für Internierungslager.
Falls diese Menschen alle diese Hindernisse überstehen und das Festland Europa doch erreichen, dann erwartet sie auch nichts besseres als Perspektivlosigkeit, Isolation, Kontrolle, Einsperren, Rassismus,…. Sehen wir uns mal die Schweiz an mit dem Netz von Lagern und Gefängnissen, die für nichts anderes da sind als Migrant*innen zu isolieren und einzusperren. Der letzte Schrei in der Schweizer Migrationspolitik nennt sich „Bundesasylzentrum“, schon wieder nur ein anderes Wort für Internierungslager. Gewisse dieser Zentren sind aber offen: zu gewissen Zeiten dürfen die Menschen sich auch ausserhalb dieser Camps aufhalten. Nur um danach wieder in diese streng regulierte Zentren wieder einzutauchen, wo sie keine Macht und Sagen über ihr eigenes Leben haben. In den neuen Bundeslager sollen aber möglichst alles was die Migrant*innen brauchen – Rechtshilfe, Migrationsamt, Betreuung – konzentriert an einem Ort sein, damit auch alles ohne Störungen und isolierter ablaufen kann. Und wenn das noch nicht genung ist, gibt es genug Haftplätze in Ausschaffungs- oder andere Knästen. Und je effizienter alles wird, desto schneller können die Menschen auch wieder ausgeschafft werden, auch wenn manchmal nur nach Italien. Aber immerhin können sie sich hier nicht festsetzen und ein Leben aufbauen. Zum Glück lassen sich Menschen nicht einfach davon abhalten und setzen sich weiterhin über Grenzen hinweg!
Krieg dem Krieg!
Es herrscht Krieg! Krieg gegen Menschen. Der Krieg der Staaten und Mächtigen dieser Welt gegen alle Menschen, die sich aus welchem Grund auch immer entscheiden der aktuellen Ordnung zu widersetzen, den Rahmen zu sprengen oder mit dem Normalzustand zu brechen. Die Mächtigen und Einflussreichen dieser Welt haben keine Probleme zu Betrügen, Foltern und Morden, um die Welt, die sie aufgebaut haben – einzig und alleine für ihr eigenes Wohl – zu beschützen.
Aus anti-autoritären, anarchistischen, libertären Perspektiven wollen wir dem Krieg etwas entgegensetzen. Wir wollen nicht nur ohnmächtig zusehen und den Normalzustand akzeptieren! In der Insel des Wohlstands „Schweiz“, geht das Leben weiter, trotz oder gerade wegen dem Krieg: alles funktioniert wie es sollte, der Kapitalismus und seine Ordnung geben sich von ihren besten Seiten. Wir entscheiden uns unsere Wut nach Aussen zu tragen und diese Ruhe zu stören. Und wir laden alle ein, die gleich fühlen, mitzumachen an den Orten und Städten wo sie sind. Wir sehen den täglichen Stadtfluss als einer der wichtigen Komponenten für das Funktionieren des Kapitalismus und seiner Gesellschaftsordnung, und den wollen wir (zer)stören und blockieren. Blockieren wir ihre Flüsse und sabotieren wir das Funktionieren der Kriegsmaschinerie, die aus viele kleineren und grösseren Mechanismen besteht, die sich blockieren, sabotieren und (zer)stören lassen. Der Verkehr, die Finanzen, die Warenflüsse, die Politik, sie alle sind die Bedingung und der Grund für ständigen Krieg gegen Menschen.
In Solidarität mit den revoltierenden Menschen in Chile, mit den Menschen in Rojava, die sich einer riesigen Armee widersetzen, mit all den Migrant*innen die die Grenzen immer wieder in Frage stellen, mit all den brennenden Herzen und Rebell*innen, die nach einem selbstbestimmten, freien Leben streben und sich immer wieder aufs Neue entscheiden diese hässliche Welt, so wie sie ist, zu bekämpfen…

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