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Während Politiker:innen „Schluss mit #Moria“ fordern…

Lesbos. Griechenland. Um 6:30 Uhr heute Morgen (30. Oktober 2020) begann die Polizei mit der Räumung von PIKPA. „Sie klopften an unsere Tür und forderten uns auf, uns zu beeilen. Die ganze Situation war wirklich stressig. Sie haben mich und meine Kinder erschreckt“, erzählt uns Marjan am Telefon. Sie wohnte in PIKPA, bis die griechische Polizei sie und ihre Familie heute hinauswarf.

Ursprünglich veröffentlicht von Dunya Collective Telegram Kanal. Übersetzt von Enough 14.

Einige Mitglieder:innen des PIKPA-Teams waren auf dem Gelände, wurden von der Polizei umstellt und durften sich nicht von der Stelle bewegen. Das Einzige, was sie tun konnten, war, ein bisschen zu filmen und die Kinder zu umarmen, um sie zu beruhigen. Da die Polizei alle Straßen, die zu PIKPA führten, blockiert hatte, konnten weder Sozialarbeiter:innen, Psycholog:innen, Anwält:innen, noch solidarische Menschen hineingehen, um die Geflüchtete in dieser Situation zu unterstützen. Stattdessen wurden ihre Ausweise kontrolliert. Auch die Presse erhielt keinen Zutritt. Die Verletzung der Pressefreiheit ist etwas, das wir in den letzten 8 Monaten auf Lesbos mehrfach erlebt haben.

Neben der normalen Polizei waren die Sondereinheit der OPKE und Einheiten der Grenzpolizei mit Sturmhauben und Armeeanzügen im Einsatz: Offensichtlich, um die am meisten gefährdeten Geflüchtete „sicher“ zu transportieren. Die gesamte Räumung wurde so durchgeführt, als ob sie einen Squat in Exarchia räumen würden.

„Die Menschen weinen. Wir haben versucht, uns neben die Kinder zu stellen. Eine schwangere Frau wird mit dem Krankenwagen ins Krankenhaus gebracht“, erzählt Evi Latsoudi. Sie gehört zu den Gründer:innen von PIKPA im Jahr 2012 und ist aktives Mitglied der NGO Lesvos Solidarity, die für den Ort zuständig war.

Als die Geflüchtete in Bussen im alten Karatepe-Lager ankamen, warteten Freiwillige von PIKPA und andere solidarische Menschen auf sie. Aber sie wurden von aggressiven Polizei- und OPKE-Einheiten verjagt. Wir wurden wieder von der Polizei daran gehindert, Bericht zu erstatten.

„Der heutige Tag war voller Gewalt: Nicht in Form von physischer Gewalt, sondern von psychischer Gewalt durch den Polizeieinsatz gegen PIKPA und gegen die Solidarität“, erklärte Latsoudi später in einem kleinen Interview im leeren PIKPA. Aber auch wenn die Regierung gerade das 8 Jahre alte Projekt eines gemeindebasierten und solidarischen Lager für Geflüchtete zerstört hat, hält sie den Kopf hoch und ruft zu einem anhaltenden Kampf auf: „Es ist sehr schwierig, über all das zu sprechen, was heute passiert ist, aber es ist leicht, über die Solidaritätsbewegung zu sprechen, die auf der Insel immer noch wächst. Dies ist nicht das Ende. Der Angriff der Regierung wird uns nicht kleinkriegen“.

Die von vielen europäischen Politiker:innen verwendete Erzählung „Schluss mit Moria“ ist, wie die Realität beweist, eine bedeutungslose Phrase. „Schluss mit Moria“ muss „Mehr PIKPAs“ bedeuten. Aber stattdessen wurde, unterstützt durch die Agenda der Europäischen Taskforce für Lesbos, ein zentralisiertes und würdeloses Lager errichtet, das offenbar langfristig betrieben werden soll. Mindestens bis Herbst 2021. Die griechische und europäische Politik hat heute erneut gezeigt, dass sie sich nicht um Menschen schert. Für sie sind Geflüchtete nur eine Nummer, ein bürokratischer Akt, mit dem sie fertig werden müssen. Ganz gleich, welche schönen Worte sie benutzen.

Dunya Collective, 30. Oktober, 2020.



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