
Ein paar persönliche Worte von Riot Turtle in Bezug auf Dimitris Koufontinas.
Veröffentlicht von Enough 14. Geschrieben von Riot Turtle.
Jeden Morgen die gleiche Prozedur. Seit Tagen schon. Ich wache auf, schnappe mir mein Telefon und überprüfe, ob Dimitris Koufontinas noch am Leben ist… Als ich anfing, diesen Artikel zu schreiben, am 1. März 2021, gab es noch keine Meldung über seinen Tod, also nehme ich an, dass unser Genosse noch lebt.
Ich spüre die Spannung in meinem Körper, weil ich weiß, dass Dimitris jeden Moment sterben könnte. Ein Genosse, der seinen eigenen Körper in die Waagschale wirft. Ein Genosse, der aus voller Überzeugung kämpft, mit Entschlossenheit.
Ich fühle mich den Genoss:innen des bewaffneten Kampfes sehr nahe, obwohl es so weit weg ist von meinem eigenen Beitrag zum antikapitalistischen Kampf. Aber um ehrlich zu sein, sind die Teile der sogenannten Linken, die nach den Regeln unserer Unterdrücker:innen spielen, noch viel weiter weg. Heutzutage betrachte ich diese Möchtegern-Pseudo-Opposition nicht einmal mehr als Genoss:innen. Es ist einfach nicht möglich, die ökologische Zerstörung, das tödliche europäische Grenzregime oder die endlosen kapitalistischen Kriege auf der ganzen Welt im dem Rahmen der kapitalistischen sogenannten „Demokratie“ zu beenden. Wenn die Herrschenden den Druck zu spüren bekommen, schicken sie ihre Polizei oder Armee.
Nach den vorgegebenen Regeln zu spielen bedeutet für mich persönlich, nicht bereit zu sein, wirklich zu handeln. Deshalb halte ich viele (nicht alle!) linke Gruppen in der BRD für eine Möchtegern-Pseudo-Opposition. Es ist kontraproduktiv, weil diese Art von Theaterspiel den Leuten vorgaukelt, dass sie mit Dingen wie Sitzblockaden und „Event“-Aktionen die kapitalistischen und rassistischen Verhältnisse, in denen wir leben, verändern können. Es ist nichts gegen eine Sitzblockade einzuwenden, aber wenn es nicht Teil einer Strategie mit einer Vielfalt von Taktiken ist, wird sie scheitern. Sogenannte linke Aktivist:innen, die eine Vielfalt von Taktiken ablehnen und spontane Aufstände wie in Stuttgart nach einer Racial-Profiling-Operation durch Bullen im letzten Sommer ablehnen, sind Teil des Problems, nicht Teil der Lösung.
Der antikapitalistische bewaffnete Kampf ist eine Folge des Bewusstseins über die strukturelle Gewalt des Kapitalismus. Das Bewusstsein, dass die Herrschenden, die vom Kapitalismus profitieren, niemals freiwillig aufgeben werden und auf eine rein gewaltfreie Weise nicht zu besiegen sind. Wenn unsere Herrschenden es für nötig halten, werden sie uns abknallen. Die Guerillakämpfer:innen des antikapitalistischen bewaffneten Kampfes wissen das und sie geben ihr tägliches Leben für diesen Kampf auf. Sie riskieren, getötet zu werden, und/oder für viele, viele Jahre eingesperrt zu werden.
Natürlich müssen wir über bestimmte Aktionen und Praktiken diskutieren. Ein revolutionärer Ansatz lebt von seinen Aktionen, seiner Propaganda und seinen solidarischen, aber kritischen Diskussionen. Aber wir haben den Guerillakämpfer:innen viel zu verdanken. Noch einmal: Sie sind diejenigen, die ihr Leben aufs Spiel setzen und alles riskieren, um dem Elend, in dem wir leben, ein Ende zu setzen.
Ich persönlich habe mich schon vor vielen Jahren entschieden, auf andere Weise zum Kampf beizutragen. Aber obwohl ich im Laufe der Jahre viele Risiken eingegangen bin, muss ich zugeben, dass ich immer ein Schuldgefühl hatte. Nicht genug zu tun, denn ich bin mir bewusst, dass unsere Herrschenden nur gehen werden, wenn wir sie rauswerfen. Mit Gewalt.
Wann immer Stadtguerillakämpfer:innen ihren Kampf im Gefängnis fortsetzen, versuche ich, mich so gut wie möglich zu engagieren. Früher brauchten wir nicht viele Worte, um uns in den Gefängniskämpfen einzubringen. Ich hatte genug Genoss:innen um mich herum, um etwas zu tun, aber heutzutage ist das nicht mehr so einfach. Die Handlungsfähigkeit verschwindet mehr und mehr auf dem deutschen Territorium. Viele Leute hier benutzen eine radikale Sprache, sind aber in Wirklichkeit militante Sozialdemokraten, um ehrlich zu sein… sie sind nicht einmal militant. Aber zum Glück gibt es noch kleine Reste von revolutionärem Widerstand, und wir müssen dafür sorgen, dass sie wieder wachsen.
Im Laufe der Jahre sind viele Genoss:innen im bewaffneten Kampf, auf der Straße durch Polizeikugeln oder im Gefängnis, gestorben. Aber sie leben in unseren Aktionen weiter, sie leben weiter, wenn wir dafür sorgen, dass sie nicht vergessen werden. Das ist das Mindeste, was wir für unsere gefallenen Genoss:innen tun müssen. Ich hoffe immer noch, dass Dimitris seinen Kampf gewinnen wird. Ich hoffe, er wird am Leben bleiben, aber das griechische ND-Regime scheint sich rächen zu wollen. Sie wollen ihn tot sehen.
Die Welt wird durch den Kapitalismus in eine ökologische Katastrophe getrieben. Immer mehr Menschen leiden u. a. unter Armut und rassistischer Politik. Die Bedingungen werden für immer mehr Menschen unerträglich. Es wird Zeit, dass wir den Kampf intensivieren. Auch für Dimitris.
„Wir rufen die Welt des Kampfes auf, sich vorzubereiten, weil dies nicht das Ende, sondern der Anfang sein wird. Ob im Zentrum der Metropole oder in den Stadtteilen, die Straßen werden zu Schlachtfeldern werden.“
anarchistische Genoss:innen aus Athen
[…] Eine Frage die ich mir täglich stelle: Ist Dimitris Koufontinas noch am Leben? […]
[…] — GeekIndignado🎗️ (@GeekIndignado) February 27, 2021 Eine Frage die ich mir täglich stelle: Ist Dimitris Koufontinas noch am Leben? […]
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[…] — antirinfo (@antirinfo) March 2, 2021 Eine Frage die ich mir täglich stelle: Ist Dimitris Koufontinas noch am Leben? […]
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