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Kampagne „Solidarische Perspektiven – statt Krisen und Vereinzelung“ [Karlsruhe]

Es ist mal wieder soweit – die Krise klopft auch an deine Tür. Im Gegensatz zu 2008, als sie eine geplatzte Immobilien- und Kreditblase im Gepäck hatte, bringt sie diesmal eine hohe Inflation mit. 

Ursprünglich veröffentlicht von Solidarische Perspektiven.

Broschüre als PDF Datei:

Lebensmittel werden immer teurer, zur Arbeit fahren kostet uns viel mehr, und wir sollten uns schon mal darauf einstellen im Winter zu frieren, weil das Gas komplett ausgeht oder unglaublich teuer wird.

Gründe für die derzeitige Krise gibt es einige, hauptsächlich wohl die späteren Folgen der Corona-Pandemie inkl. bis heute gestörter Lieferketten, und der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, mit den einhergehenden Wirtschaftssanktionen gegen Russland, wie etwa dem verringerten Kauf von Gas.

Alles Gründe, für die weder du noch wir verantwortlich sind. Ihre Folgen sollen trotzdem auf unsere Kosten aufgefangen werden.

Die SPD-geführte Bundesregierung glaubt, längere Wochenarbeitszeiten und „Solidarität“ könnten helfen. Unter Solidarität versteht sie dabei jedoch nicht die gegenseitige Unterstützung ALLER Menschen.

Denn während uns gesagt wird, dass Ressourcen knapp werden, und aus verschiedenen Umständen die Preise erhöht werden, machen Großkonzerne wie Exxon, Shell oder Rheinmetall an den Preissteigerungen von Gas, Öl und Waffen sowie an den (Steuer-)Geschenken (wie zum Beispiel der „Spritpreissenkung“, die den Sprit nicht günstiger machte) der Regierung außerordentlich hohe Gewinne. Und in Kürze sollen wir alle eine Gasumlage bezahlen, um die Unternehmen zu unterstützen und das Wirtschaftssystem nicht zu schwächen.

Die eingeforderte Solidarität gilt demnach nicht den Menschen, die von der Inflation am stärksten betroffen sind, sie dient lediglich als Verschleierung einer Umverteilung von unten nach oben.

Denn was die Regierung nicht fordert, und schon gar nicht die CDU-geführte Regierungsopposition, ist eine Vermögenssteuer, eine geänderte Erbschaftssteuer oder sonstige Abgaben, die Menschen mit Eigentum an Vermögen in die Solidaritätspflicht nehmen würde.

Wie wir mit dieser Broschüre zeigen wollen, sind das alles keine Ausnahmen oder Zufälle.

Viel mehr haben diese Krisen ihre Ursache in unserem gegenwärtigen Wirtschafts- und Gesellschaftssystem. Pandemien und Kriege wirken zwar als Brandbeschleuniger, sind aber keine notwendigen Bedingungen.

Wir fragen dich:

  • Hat deine letzte Gehaltssteigerung auch keine 7,5 Prozent netto pro Jahr mehr gebracht?
  • Hast du generell die Schnauze voll davon, dass Menschen irgendwo verhungern, weil an den Börsen Gewinn damit gemacht wird, die Lebensmittelpreise immer weiter hoch zu treiben, obwohl real genug Lebensmittel für alle da sind?
  • Gehörst du auch zu den 50 Prozent mit geringem Lohn, die weder eine private Altersvorsorge noch eine betriebliche Altersvorsorge haben, und sorgst du dich jetzt auch schon wegen drohender Altersarmut?
  • Fürchtest du, dass deine Kinder bei 48 Grad den Sommer nur noch ÜBERleben wollen, statt zu ERleben?
  • Platzt dir generell der Kopf bei all den Dingen um dich herum, die zu ändern sind?

Das alles ist aber kein Grund hoffnungslos zu werden! Alternativen zu diesen Verhältnissen sind möglich und bitter nötig.

Was wir bereits heute im Kleinen tun können, wollen wir auf den folgenden Seiten aufzeigen, und alle an Freiheit und Wohlstand Interessierten einladen, sich solidarisch einzubringen.

Viel Spaß beim Lesen dieser Broschüre!

Auf den folgenden Seiten werden wir zuerst ein paar Begriffe besprechen, die derzeit und eigentlich in allen Krisen, in aller Munde sind.

Inflation

Wenn heute mit einem Euro weniger gekauft werden kann, als in der Vergangenheit, spricht man von Inflation (Geldentwertung). Eine Bedingung für Inflation ist, dass die gesamtwirtschaftlich vorhandene Gütermenge, die gekauft werden kann (auch Dienstleistungen fallen hierunter) einer zu großen Geldmenge gegenübersteht. Die Inflation setzt dann ein, wenn die Nachfrage nach Gütern längere Zeit größer ist, als das Angebot.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat für den Euro die Aufgabe, den Wert des Euro stabil zu halten. Wie macht sie das? Sie steuert die im Wirtschaftskreislauf befindliche Geldmenge und legt die Zinsen (Leitzinsen) fest, zu denen sich Banken Geld bei der EZB leihen können, wenn ihr eigenes Geld, z.B. Spareinlagen, nicht ausreicht, um Kredite, z.B. an eine Kundin, die ein Auto kaufen möchte, auszahlen zu können. Die EZB setzt auch die obere und untere Grenze für die Geldmarktzinsen (EURIBOR oder LIBOR), zu denen sich Geschäftsbanken untereinander Kredite einräumen, fest. Damit beeinflusst sie Sparzinssätze und Kreditzinssätze, die Banken den Sparenden bzw. Kreditnehmenden geben / abnehmen.

Einige Gründe für die derzeitige Inflation:

1.     Angebotsrückgang

In den letzten Jahren gab es kaum Inflation. Ein Stück Holz kostete fast immer gleich viele Euros. Das heißt Angebot und Nachfrage nach Holz waren im Gleichgewicht. Seit dem Angriffskrieg von Russland gegen die Ukraine wurden Sanktionen gegen Russland erlassen. Viele Länder haben aus Protest gegen den Krieg aufgehört, russische Produkte zu kaufen. Jetzt ist das Angebot von zum Beispiel Erdöl in Deutschland niedriger als die Nachfrage. Erdöl wird dadurch teurer.

2.     Spekulation

Rohstoffe werden an Warenterminbörsen, z.B. die Chicago Board of Trade in Bushel, gehandelt. Riesige Mengen Weizen werden dort zwischen Produzierenden und Kaufenden weitergegeben. Wenn Kaufende durch Krisen wie den Krieg in der Ukraine vermuten, dass die Weizenmenge weltweit in diesem Jahr geringer sein wird, als im Vorjahr, dann ist ihnen klar: der Weizen wird dieses Jahr teurer für mich. Denn das Angebot ist kleiner als die Nachfrage. Diese Vermutung war den Kaufenden und Verkaufenden bereits kurz nach Ausbruch des Krieges klar, obwohl es da ja noch die Chance gab, dass der Krieg schnell beendet wird, und die Weizenmenge doch gleichhoch bleibt wie im Vorjahr. Faktisch war die Weizenmenge zu Beginn des Krieges weltweit nicht geringer als im Vorjahr, die Mehlbestände waren weltweit nicht schlagartig leer zu Kriegsbeginn. Der Preis für Weizen (und andere Güter) bestimmt sich im Zeitpunkt des Kaufs und Verkaufs also nicht (nur) nach den tatsächlich vorhandenen Angebots- und Nachfragemengen an Gütern – er ergibt sich aus Vermutungen, Zukunftsprognosen und Informationslagen der Menschen, die an den Börsen handeln.

3.     Geldmengenanstieg

Seit 2016 lag der Leitzins der EZB bei 0,00 Prozent. Es war für Banken günstig, Kredite zu vergeben, und Sparende mussten sogar Verwahrentgelte an die Banken zahlen, weil diese ein Minusgeschäft mit der Aufbewahrung des gesparten Geldes machten. Viele Menschen nutzten es, Kredite zu sehr geringen Zinsen aufzunehmen. Die Geldmenge im Wirtschaftskreislauf stieg dadurch. Die Nachfrage nach Gütern (z.B. Bauleistungen), die mit Geld aus Krediten finanziert wurden, stiegt. Das Angebot an Gütern blieb aber gleich. Demnach wurden die angebotenen Güter teurer.

Eigentum und Besitz

Weitere Punkte, welche die aktuelle Inflation mit sich bringt, sind steigende Mieten und steigende Zinsen auf Kredite. Die Preise für Immobilien dagegen sind gefallen.

Auch hier findet eine klassische Umverteilung von unten nach oben statt. Warum auch das kein Zufall ist, und was dahintersteckt, möchten wir im nächsten Abschnitt thematisieren.

Jean-Jacques Rousseau formulierte es einmal so: „Der erste, der ein Stück Land mit einem Zaun umgab und auf den Gedanken kam zu sagen »Dies gehört mir« und der Leute fand, die einfältig genug waren, ihm zu glauben, war der eigentliche Begründer der bürgerlichen Gesellschaft. Wie viele Verbrechen, Kriege, Morde, wieviel Elend und Schrecken wäre dem Menschengeschlecht erspart geblieben, wenn jemand die Pfähle ausgerissen und seinen Mitmenschen zugerufen hätte: »Hütet euch, dem Betrüger Glauben zu schenken; ihr seid verloren, wenn ihr vergesst, dass zwar die Früchte allen, aber die Erde niemandem gehört«.“

Der ausgebliebene Widerspruch wirkt sich auch heute aus. Dabei geht es um Besitz, Eigentum und die Frage, warum sich Eigentum mancher vermehren kann, während du mehr arbeiten musst und trotzdem weniger bekommst.

Um das besser zu verstehen, überdenke einmal deine Arbeitssituation:

Gehören dir Anteile an der Firma, für die du arbeitest? Bekommst du eine Gewinnbeteiligung? Kannst du mitbestimmen, wie viele Stunden pro Woche du arbeitest und was genau produziert wird? Wenn du in einem Angestelltenverhältnis arbeitest, dürften die Antworten „Nein“ lauten. Vielleicht sagst du dir jetzt: egal. Dafür habe ich ein sicheres, gleichbleibendes Einkommen, bezahlten Urlaub und Krankentage und viel weniger Stress, als meine Geschäftsführung! Das ist richtig. Und diese „Zufriedenheit“ mit dem Angestelltenverhältnis ist strukturell gewollt. Denn nur in Abhängigkeitsverhältnissen können Menschen ihre Arbeitskraft als Ware zur Produktion von anderen Waren und Dienstleistungen am Arbeitsmarkt verkaufen. Und nur dann können die Menschen, denen die Produktionsmittel (Betriebsvermögen) gehören, die durch die Arbeitskraft geschaffenen Waren und Dienstleistungen weiterverkaufen, und den Gewinn aus diesem „Wirtschaften“ einsacken. DU bekommst nur den Einsatz deiner Arbeitskraft vergütet. Deine Geschäftsleitung behält den Gewinn aus dem Verkauf von mit deiner Arbeitskraft geschaffenen Werten. Und warum ist das schlecht für dich? Der Gewinn häuft sich bei denen an, die die Produktionsmittel besitzen. Sie kaufen davon Vermögenswerte, weil Geld durch Inflation immer an Wert verliert. Sie investieren ihr Geld stattdessen in Gold, Aktien, Grundstücke, Wohngebäude. Sie bestimmen dadurch deine Miethöhe, deine Lebensmittelpreise, deine Energiepreise. Oder hast du viele Aktien von Shell und kannst den Ölpreis selbst mit beeinflussen? Gehören dir die Mehrheitsanteile von Nestlé und du kannst den Wasserpreis in Plastikfläschchen mitbestimmen?

Besitz heißt, dass jemandem die tatsächliche Herrschaft hat über das, was er oder sie gerade in der Hand hält oder bewohnt. Eigentum bedeutet, dass jemand bestimmen kann, was mit der Sache passiert.

Nur wenn du Eigentum an einer Firma hast, kannst du den Gewinn durch deine Arbeit selbst behalten. Nur wenn du Eigentum an deiner Wohnung hast, kannst du bestimmen, was mit der Wohnung passiert.

Wo wir wieder beim anfänglichen Widerspruch in der derzeitigen Krise von günstiger werdenden Immobilien bei gleichzeitig steigenden Mieten sind:

Aktuell diskutieren Verwaltungsgerichte, ob eine Wärmedämmung 16 Zentimeter über die Grundstücksgrenze des Nachbarn aufgetragen werden darf. Die Süddeutsche Zeitung bezeichnet diese Frage als „entscheidenden Grundrechtsstreit“. Es wird verhandelt, ob das Gemeineigentum „Klima“ wichtiger ist, als der Eigentümerfrieden des Nachbarn, der die Wärmedämmung ertragen soll. Der IVD, Deutschlands größter Eigentümerverband, möchte die Rechte von Menschen mit Immobilieneigentum stärken und das Gemeinwohl schwächen. So fordern sie beispielsweise in einem Papier vom Juni 2021 den Anteil von Sozialwohnungen im Neubau zu verringern. Sie meinen, dann könnten mehr Wohnungen gebaut werden. Für den IVD ist entscheidend, dass alle Maßnahmen wirtschaftlich sein sollen. Wirtschaftlich im Sinne der kapitalistischen Wirtschaftsweise ist nur, was ein Geschäft ist. Ein Geschäft ist nur, was auch Gewinn abwerfen kann. Wirtschaftlich heißt also, Klimaschutz soll ein gewinnträchtiges Geschäft sein, sonst ist er falsch gemacht.

Dieser Streit ist symptomatisch für die kapitalistische Wirtschaftsweise. Kapitalistische Staaten garantieren das Privateigentum. Deutschland behandelt das Kapital, die Großeigentümer*innen, wie ein scheues Reh, das man nicht erschrecken darf, sonst flüchtet es ins Ausland. Ein immerwährender Kreislauf. Es gibt keine klimaverträglichen Lösungen nach diesem Konzept, es sei denn, es lässt sich auch daraus wieder Gewinn für die Menschen mit Eigentum an Produktionsmitteln oder Immobilien oder anderem Vermögen erzielen.

Der IVD ist der Meinung, alle am Wohnen Beteiligten sollen alle Kosten tragen, beispielsweise die Kosten energetischer Sanierung. Doch zwischen dem mietenden Menschen bei Vonovia und dem Konzern Vonovia gibt es einen entscheidenden Unterschied: während die Mieter*innen oftmals ihre Arbeitskraft gegen Lohn auf dem Arbeitsmarkt verkaufen, besitzt Vonovia Mittel um Gewinn zu produzieren, nämlich Wohnungen. Zwar Sagt der IVD auch, dass Mieter*innen nicht zu stark belastet werden sollen (als seien sie das nicht eh schon), gleichzeitig findet sich jedoch nirgends eine Formulierung, dass die Eigentümer*innen auf Gewinn zum Wohle des Klimaschutzes verzichten würden. Egal wie groß die Not, eine Nullrunde ist undenkbar.

Das anfängliche Zitat von Jean-Jacques Rousseau beschreibt einen Prozess grundlegender Ungleichheit. Es beschreibt den Ursprung des Privateigentums. Es steht außer Frage, dass ein gewisses Maß an Besitz niemandem schadet. So ist das Haus, das ich baue und bewohne, erstmal keine Ware mit der gehandelt wird. Ich kann es auch teilen, ich kann anderen Zugang verschaffen usw.. Sobald wir aber beginnen, Wohnraum zur Ware werden zu lassen, und sobald wir zulassen, dass mit dieser Ware gehandelt wird, lassen wir zu, dass Wohnen kein Grundrecht mehr ist.

Aus Besitz (auf was ich sitzen kann), wird Eigentum, über das ich verfüge. Besitzt nun jemand eine Ware in großem Maße, wird diese abstrakt gehandelt. Mieter*in und Eigentümer*in müssen dann keine zwischenmenschliche Beziehung mehr pflegen. Die Beziehung kann verantwortungslos und abstrakt werden. Die Folge sind hohe Mieten, Zwangsräumungen, unmenschliche Bedingungen in Mietskasernen usw.. Die Nutzer*innen der Gebäude sind entmenschlicht, sie sind zur Ware geworden, mit der sich Gewinn machen lässt. Der Schutz des Privateigentums ist die staatliche Garantie gegenüber Eigentümer*innen, ihnen zu ermöglichen, aus allem eine Ware werden zu lassen, und damit Handel zum Zwecke der Reichtumsvermehrung zu betreiben.

Die Erde kann niemandem gehören, auch wenn die Menschen mit Eigentum alles daransetzen, sogar die Luft zu Privateigentum zu erklären. Es ist an uns klar Stellung zu beziehen und uns einzusetzen für eine lebenswerte Welt, in der die Nöte und Bedürfnisse aller Menschen die Grundlage bilden für die Lösung zukünftiger und aktueller Krisen, abseits von Eigentumsinteressen. Und viel wichtiger ist, dass Eigentumsinteressen uns niemals davon abhalten sollten eine Welt zu schaffen, die allen Menschen gleichermaßen Zugang zu Wohnraum, Beziehungen, Versorgung und allgemein einem guten Leben ermöglicht! Wir dürfen niemals vergessen, dass die Früchte allen, die Erde aber niemandem gehören darf!

Unsere aktuelle Ökonomie basiert auf dem Kapitalismus. Ein Zahnrad, um auf diese Art zu wirtschaften, um die ganze Maschinerie der kapitalistischen Wirtschaftsweise in Gang zu setzen, ist das Privateigentum. Der Staat garantiert durch Gesetze, dass Eigentümer*innen über ihr Eigentum frei verfügen und bestimmen dürfen. Sie dürfen es auch gegen Eindringende „verteidigen“, selbst wenn der Staat versucht einzudringen (Beispiel „Enteignung“ für das Gemeinwohl).

In diesem Land wird das Interesse der Menschen mit Immobilieneigentum stärker geschützt, als das Bedürfnis von Menschen nach Wohnraum. Wer leerstehende Häuser zum Wohnen benutzt, wird bestraft. Wer Wohnraum verwahrlosen und leerstehend lässt, wird nicht bestraft. Sind das Verhältnisse, mit denen du einverstanden bist?

Energieversorgung

In der gegenwärtigen Krise und im Angesicht des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine spielt vor allem die Energieversorgung eine zentrale Rolle bei der Entstehung der hohen Inflation. Daher möchten wir uns hier kurz diesem Thema widmen.

Energieversorgung durch Öl

Die Auswirkungen steigender Kraftstoffpreise erleben wir alle schon seit mehreren Monaten. Nachdem diese schon während Corona deutlich angestiegen sind, beruhen sie aktuell in der Hauptsache auf den Sanktionen gegenüber Russland, welche im Zuge des Angriffskrieges gegen die Ukraine erlassen wurden.

Als Begründung wurde uns eine reduzierte Ausfuhr von Öl aus Russland, teurere Importkosten und damit eine angebliche Verknappung aufgetischt.

Als Reaktion wurde von der Bundesregierung eine Steuersenkung beschlossen.

Wie wir heute wissen, haben Energiekonzerne wie Shell mehr Öl verkauft, als vor Beginn des Krieges und vor den erlassenen Sanktionen. Der Rohölpreis ist deutlich gesunken. Die Preise für uns Verbrauchende sind trotzdem immens hoch.

Die Ölkonzerne haben unglaublich hohe Gewinne erwirtschaftet, die Eigentümer*innen der Konzerne streichen diese erhöhten Gewinne ein, inklusive der staatlichen Steuersenkung.

Energieversorgung durch Gas


Beim Gas erleben wir ein ähnliches Spektakel. Eine angebliche Verknappung des Gases, welche lediglich ein Teil der russischen Kriegsführung ist, Warnungen vor leeren Gasspeichern und enorme Gaspreise begleiten die Debatte.

In Wirklichkeit gibt es keinen Mangel an Gas. Russland setzt verringerte Fördermengen als Reaktion auf Sanktionen zur strategischen Kriegsführung ein. Gas, das sonst nach Europa verkauft worden wäre, wird mit krassen Schäden für die Umwelt abgefackelt.

Exemplarisch dafür steht das Schauspiel um eine von Siemens gewartete Gasturbine. Diese war zu keinem Zeitpunkt für die Gasförderung notwendig und diente lediglich zum Machtspiel zwischen der russischen Regierung und den Sanktionsmächten. Im gleichen Zug wurde in Deutschland vor möglichen leeren Gasspeichern und einer Verknappung im Winter gewarnt.

Trotz enormer Preissteigerungen hat die Bundesregierung eine sogenannte Gasumlage beschlossen, die die Gaspreise für Endverbraucher weiter steigen lässt, und lediglich zur Entlastung großer Konzerne dient.

Wie wir wissen, ist der angebliche Gasmangel künstlich geschaffen, und trotz dem Gerangel um Gasfördermengen sind die Gasspeicher in Deutschland ordentlich gefüllt. Zumindest im kommenden Winter wird das Gas nicht ausgehen. Wir Verbrauchende werden für dieses Spiel der Mächtigen doppelt bezahlen.

Energieversorgung durch Holz

Während der ersten zwei Jahre der Corona-Pandemie ist der Preis für Holz enorm angestiegen. Vor allem ein Boom in der Bauindustrie sorgte für eine enorme Nachfrage. Eine Erhöhung der Holzproduktion ist nicht möglich, da die Kapazitäten des nachwachsenden Rohstoffs ausgeschöpft sind.

Zuletzt war der Holzpreis am Fallen, eine „Normalisierung“ stand in Aussicht.

Dank der Diskussionen um die angebliche Verknappung von Gas und Öl steigt der Holzpreis erneut an. Die Panik vor einem kalten Winter lässt die Nachfrage für Brennholz sowie die Preise erneut in die Höhe schnellen.

Wie wir sehen, sind weder die Öl-, noch die Gaspreise zu irgendeinem Zeitpunkt auf Grund von tatsächlichem Mangel entstanden. Allein Machtspiele, Stimmungen und Spekulation sorgen für krass steigende Preise.

Alternative Energieversorgung – Kohle und Atom?


Um einer möglichen Energieknappheit durch die künstlich erzeugten Unsicherheiten entgegen zu wirken, wird die Verlängerung von Kohle- und Atomenergie ins Spiel gebracht. Doch beide Energieträger sind keine Alternativen und auch nicht notwendig. Sowohl Kohle- als auch Atomstrom sind Energieformen, die in ihrer Gänze unglaublichen Schaden an Umwelt und Natur anrichten, zudem auf Kosten zukünftiger Generationen. Die Regierenden befinden sich in einem selbstverschuldeten Dilemma, für welches wir die Zeche zahlen sollen.

Hört sich alles sehr schlimm und frustrierend an? Es gibt Alternativen, wir können die geltenden Prinzipien nicht nur in Frage stellen, wir können sie auch ändern!

Was können wir machen?

Alternative erneuerbare Energien


Immer wieder sprechen Politiker*innen über alternative und erneuerbare Energien, je nach politischer Ausrichtung geht es dann um Wasserkraft, Windkraft, Sonnenenergie oder eben generell um den Glauben an Forschung und Wissenschaft, sowie unendliches Wachstum. Nach dem Motto: wenn uns die Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft in diese Situation gebracht haben, retten sie uns auch aus dieser. Dem Glauben an die Rettungskraft von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung steht ein grundsätzlicher Kapitalismuszusammenhang gegenüber: das Wachstum und die Zentralisierung.

Wie wir an den sogenannten „Energiedörfern“ exemplarisch sehen können, ist eine Versorgung mit „eigener“ Energie durchaus möglich. Solche funktionierenden Projekte, wie etwa Schönau im Schwarzwald, müssten als Modelle doch gerade jetzt Konjunktur haben, oder?

Derzeit findet leider eine gegenteilige Entwicklung statt. Viele Menschen zeigen Interesse daran, sich so gut wie möglich energieautark zu machen. Hausgemeinschaften diskutieren über Solar auf dem Dach, Energiegemeinschaften denken über das Nahe und Mögliche nach, wie etwa Fernwärme durch Biogasanlagen. Nachbarschaftliche Organisation, lokal orientierte Kampagnen zum Ausbau dezentraler Versorgung, sofortige Förderung aller möglichen dezentralen Versorgungsstrukturen im Sinne von: jetzt schauen wir mal, was jede Gemeinde, jede Stadt, jeder Straßenzug mit vorhandenen Mitteln schaffen kann, dann schauen wir, was es noch oben drauf braucht – die Menschen haben vielfach Interesse an so etwas. Gleichzeitig sind solche dezentralen Energieversorgungsmodelle aber nicht gewollt!

Für die Spekulanten am Energiemarkt würde eine Dezentralisierung bedeuten, dass Gewinne dahinschmelzen, es ginge auf einmal um die Versorgung mit notwendiger Energie, und nicht um ein Geschäft für Profit.

Wir möchten uns gemeinsam mit unseren Nachbar*innen, in der Gemeinde, im Stadtteil, treffen, diskutieren und am Ende im eigenen Interesse sinnvoll über unsere Energieversorgung entscheiden; ohne den Staat, der durch den Schutz des Privateigentums den Gewinn der Unternehmen erst möglich macht, und ohne die Energieversorger, solange diese vor allem für ihre Gewinne planen.

Uns ist klar, dass global gesehen eine dezentrale Energieversorgung keinen Sinn macht. Es gibt Standorte, wie die Sahara, die sich viel besser für die Erzeugung von Solarstrom eignen, als ein schattiges Tal im Schwarzwald.  Uns geht es hier aber um einen ersten Schritt, um Menschen zu ermächtigen, ihre eigenen Bedürfnisse zu erfüllen, und dazu gehört, Verantwortung zu übernehmen, es nicht Konzernen und dem Staat zu überlassen, dass die eigenen Wünsche erfüllt werden. Wenn es Menschen dann irgendwann gelingt, jenseits von Profitinteresse Energieerzeugung und -verteilung global zu lösen – umso besser.

Alternatives Arbeiten

Angenommen du scheust dich generell nicht davor, Arbeitsabläufe, Produktionspläne und Gehaltshöhen mitzubestimmen, weil du gut informiert (gebildet) wurdest, wie das alles geht, und weil du ein faires Mitbestimmungssystem zwischen allen Arbeitenden in deiner Firma eingerichtet hast, mit allen zusammen, so dass es keinen unlösbaren Streit zwischen euch geben kann. Würdest du dann die Verantwortung für den Einsatz deiner eigenen Arbeitszeit / Arbeitskraft auf dich nehmen, um selbstbestimmter zu leben?

Dann schau dir doch mal unsere Internetseite an, dort findest du Ideen, wie sich das alles tatsächlich umsetzen lässt!

Alternatives Wohnen

Wohnst du in einer Mietwohnung und hast Bauchgrummeln, wenn du an die nächste Mieterhöhung denkst? Würdest du gerne mitbestimmen, ob deine alte Gasheizung gegen eine Wärmepumpe getauscht wird? Oder graut dir vor einer Eigenbedarfskündigung, weil die Tochter deiner Vermieterin in diesem Land halt einfach mehr Recht auf Lebensraum hat, als du? Oder denkst du mit Sorgen an deine Rentenzeit, wenn du die Miete gar nicht mehr zahlen kannst, weil sie sich nicht an deinem Einkommen orientiert? Willst du mit anderen Leuten ein Haus kaufen, aber ihr habt kein Geld angespart? Hast du ein Haus, aber kein Geld um es zu renovieren, und willst du es nicht zum Spekulationsobjekt für Vermögende machen, sondern für jemanden zu einem zu Hause?

Falls du auch der Meinung bist, dass die Wohnhäuser denen gehören sollen, die darin wohnen, schau dir doch mal unsere Internetseite an, dort findest du Ideen, wie sich das alles tatsächlich umsetzen lässt!

Alternatives Wählen

Wählen gehen hält das derzeitige politische System am Leben. Die Wahlbeteiligung sinkt seit Jahren, berichtet wird in den Medien dazu kaum, schon gar nicht über die Gründe der Nichtwählenden. Von Seiten der bundesfinanzierten bpb wird sogar darauf verwiesen, dass eine niedrige Wahlbeteiligung auf eine hohe Zufriedenheit der Leute mit dem Bestehenden hindeute. Sie seien so zufrieden mit der Politik, dass sie sich einfach nicht mehr politisch engagierten und keine Wahlen mehr besuchten. Das kann zu denken geben. Ist diese Einschätzung der bpb richtig? Oder sind die Menschen einfach fertig mit den zur Wahl stehenden Personen und ihren politischen Entscheidungen? Wenn die Regierung von immer weniger in diesem Land lebenden Menschen gewählt wird und die zu Wahl stehenden Personen dann auch noch fast ausschließlich aus der vermögenden Oberschicht des Landes kommen – sind die Gewählten dann überhaupt berechtigt, über das Leben aller Menschen in diesem Land zu entscheiden? Treffen sie die Entscheidungen zum Wohle aller? Ist das eine repräsentative Demokratie? Wir glauben nicht. Unsere Antwort: wir gehen nicht wählen, kritisieren das Bestehende und schaffen Neues.

Tätig werden

Du traust dir nicht zu, politisch aktiv zu werden? Politisch sein ist etwas für Wissende, für Leute mit Übersicht und Plan für einen Teil der Gesellschaft? Das sehen wir nicht so. Politisch sein heißt für uns: Haltung zeigen. Auch im ganz Kleinen kann ich mich auf Grundlage meiner Werte für meine Belange und Interessen einsetzen. Das verlangt, dass ich mir überlege, welche Werte mir im Umgang mit anderen Menschen und mit mir selbst wichtig sind. Oft werden Menschen politisch tätig, um ein bestimmtes Ziel zu verfolgen. Zum Beispiel nehmen sie an einem Streik teil, um höhere Löhne zu erstreiten. Sie machen sich hierbei keine Gedanken darum, auf Grund welcher Werte sie mitmachen. Sie machen es, weil sie eine materielle Verbesserung ihrer Lebensumstände erkämpfen möchten. Das ist auch gut so. Doch irgendwann kann man an den Punkt kommen, dass alles in einem größeren Zusammenhang betrachten zu wollen, weil man mit Menschen gesprochen hat, weil man Bücher gelesen hat, weil man Widersprüche beim eigenen Handeln erkannt hat. Dann ist es Zeit, sich eine Haltung zuzulegen und aktiv zu werden, und sei es nur im alltäglichen Handeln. Und wenn du gemeinsam aktiv werden möchtest: melde dich!

Wenn du Fragen zu den Themen in dieser Broschüre hast oder dich mit Leuten vernetzen willst, die diese Ideen und Gedanken teilen, kannst du dich auch gerne bei uns melden.

solidarischeperspektiven@riseup.net

Mehr Informationen: https://solidarischeperspektiven.wordpress.com/

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