
Amsterdam. Niederlande. Sonntag 23. Oktober – Mit einem riesigen Transparent verkündete das Hausbesetzerkollektiv Mokum Kraakt heute die Besetzung eines seit langem leerstehenden Gebäudes am Nieuwezijds Voorburgwal 302. Die Hausbesetzung hatte bereits vier Tage zuvor stattgefunden, womit „Hausfrieden“ [1] realisiert wurde, was die Polizei daran hinderte, sofort zu räumen.
Ursprünglich veröffentlicht von Indymedia NL. Übersetzt von Riot Turtle.
Eigentümer*in der Immobilie ist der Pfandleiher*in Peter Hagedoorn, der dafür bekannt ist, Denkmäler im Amsterdamer Stadtzentrum leer und verkommen zu lassen. Mit der Aktion fordern die Besetzer*innen Wohngerechtigkeit: „eine bezahlbare Stadt für alle, nicht nur für die Reichen“.

Zur Immobilienkrise kommt noch die Energie- und Inflationskrise hinzu. Das tägliche Leben droht für die meisten unerschwinglich zu werden. Es sind drastische Maßnahmen erforderlich, um die Stadt für die von Obdachlosigkeit und Energiearmut bedrohten Menschen bewohnbar zu halten. Doch anstatt ihnen zu helfen, werden Immobilieninvestor*innen und Spekulant*innen hofiert. Jantje Druk, Sprecher*in von Mokum Kraakt: „Pfandleiher*innen wie Hagedoorn sind Symbole für das Problem. Für die Eigentümer*innen ist die derzeitige Krise ein gefundenes Fressen. Sie tanzen im Rhythmus der steigenden Immobilienpreise und des Klimperns der Kasse bei jeder verkauften Luxuswohnung. Wir haben die Lasten des Wohnens, sie haben die Vorteile des Wohnens“.
Deshalb fordert die Gruppe Wohngerechtigkeit. Um das Ruder herumzureißen, muss auf dem Wohnungsmarkt kräftig eingegriffen werden. Mokum Kraakt fordert Maßnahmen, die all jenen helfen, die kein Vermögen für eine Wohnung aufbringen können, wie z.B. eine Mietobergrenze für alle Wohnungen, deutlich mehr Sozialmieten, die Enteignung von Miethaie und Abschaffung von zeitlich begrenzte Mietverträge. Sprecher*in Druk: „Wohnen ist ein Recht, kein Privileg. Aber die Regierung tut viel zu wenig, um junge Menschen, Erwerbstätige und arme Menschen mit Wohnraum zu versorgen. Am Ende bleibt ein Disney-Themenpark für die Reichen übrig, und alle anderen werden aus der Stadt gejagt. Das ist inakzeptabel.“
Mit der Hausbesetzungsaktion will Mokum Kraakt den Wohnungskampf neu beleben. Die Besetzer*innen werden nicht nur in dem besetzten Haus wohnen, sondern auch ein neuen Freiraum namens Het Monument (deutsch: Das Denkmal) einrichten. Damit betonen die Hausbesetzerinnen, dass sie das tun, was gierige Immobilienbesitzer`*innen versäumen, nämlich monumentale Häuser zu pflegen und zu restaurieren. Sprecher*in Druk: „Indem wir das Gebäude besetzen, bekämpfen wir die Verwahrlosung und setzen es komplett instand. Wir geben diesen Raum auch den Menschen in Amsterdam zurück: In diesem neuen Freiraum wird es Platz für Gegenkultur, für politische Alternativen und für Ideen zur Überwindung der Wohnungskrise geben.“
In ihrem Brief an die Nachbarschaft erklären die Aktivist*innen, dass sie so lange wie möglich in der Immobilie bleiben wollen und sie bald für Anwohner*innen und Interessierte öffnen werden.

Fußnoten
[1] Seit dem Hausbesetzungs- und Leerstandsgesetz von 2010 sind Hausbesetzungen illegal und daher strafbar. Davor war das Besetzen von Räumen, die seit mehr als einem Jahr leer standen, noch legal. Das Berufungsgericht in Den Haag entschied jedoch im November 2010, dass eine besetztes Gebäude nur nach einem Gerichtsverfahren geräumt werden darf, da dies sonst gegen das in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerte Recht auf Wohnen verstößt. Neuerdings können Hausbesetzer*innen innerhalb von 72 Stunden mit einer speziellen Anordnung des zuständigen Richters geräumt werden.
Das Hausbesetzungsverbot verstößt somit gegen das Recht auf Wohnen und das Recht auf Hausfrieden. Wenn es ein Hausrecht oder einen Hausfrieden gibt, war das schon immer von Stadt zu Stadt unterschiedlich. Manchmal ist es nach 72 Stunden, manchmal ab dem Zeitpunkt, an dem jemand in einer Immobilie ist. Allerdings entscheiden Gerichte manchmal, dass eine sofortige Räumung unrechtmäßig ist. Wenn sich jedoch später herausstellt, dass die Räumung unrechtmäßig war, nützt das den Besetzer*innen oft nicht viel, denn sie stehen bereits auf der Straße. https://www.oneworld.nl/lezen/discriminatie/sociaal-onrecht/zo-kraakt-de-kraker-anno-2021/