
Aleppo. Syrien. Mehr als 200.000 Menschen in den Stadtteilen Sheich Maqsoud und Ashrafiyye leiden unter der von den Regimekräften verhängten Blockade, die ihnen den Zugang zu lebensnotwendigen Nahrungsmitteln verwehrt.
Bild oben: Angehörige der regulären syrischen Armee am Kontrollpunkt „Al-Awarid Military“ am Eingang zu den Stadtteilen Sheich Maqsoud und Ashrafiyye, einem der militärischen Kontrollposten, die von den Bewohner*innen der Stadtteile beschuldigt werden, die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln einzuschränken und zu verhindern. Bild von: ANHA.
Ursprünglich veröffentlicht von Syrians For Truth & Justice. Übersetzt von Riot Turtle.
Am 13. März 2022 begann die syrische Regierung damit, den Zugang zu Grundnahrungsmitteln in den mehrheitlich kurdisch bewohnten Stadtteilen Sheich Maqsoud und Ashrafiyye in Aleppo durch Kontrollposten einzuschränken. Diese beiden Stadtteile werden von einem lokalen Rat verwaltet, der mit der Autonomieverwaltung verbunden ist, die große Gebiete im Norden und Osten Syriens kontrolliert.
Anfang April wurde diese Beschränkung zu einem totalen Verbot der Einfuhr von Grundnahrungsmitteln, insbesondere von Mehl. Syrians for Truth and Justice (STJ) traf sich mit einem Anwohner*in von Sheich Maqsoud, der sagte, dass die von der syrischen Armee kontrollierten militärischen Kontrollposten die Belieferung der kurdischen Stadtteile in Aleppo mit Grundnahrungsmitteln verhindert haben.
STJ traf sich mit einem Einwohner*in von Scheich Maqsoud, der bestätigte, dass die syrische Regierung den mehrheitlich kurdisch bewohnten Stadtteilen in Aleppo nicht zum ersten Mal Grundnahrungsmittel vorenthält.
„In den letzten drei Jahren haben die Kontrollposten der Regierung mehrmals die Einfuhr von Lebensmitteln, insbesondere von Mehl, Reis und Weizengrütze, in diese beiden kurdischen Stadtteile von Aleppo verhindert„, teilten sie mit.
Der Mangel an Lebensmitteln hat die belagerten Bewohner*innen gezwungen, in nahegelegene, vom Regime kontrollierte Stadtteile zu gehen, vor allem nach Bustan al-Pasha, zum Bahnhof von Bagdad und nach Sulaymaniyah, um notwendige Lebensmittel, insbesondere Brot, zu kaufen. Dies hat zu großen Menschenansammlungen vor den Bäckereien geführt, wo die Menschen stundenlang in langen Schlangen warten, um subventionierte Beutel mit Brot für 200 SP. pro Stück zu bekommen, während der gleiche Beutel in Sheich Maqsoud und Ashrafiyye infolge der Belagerung bis zu 2500 SP. gekostet hat.
STJ erfuhr, dass die Verweigerung von Grundnahrungsmitteln durch die Regierung in den beiden Stadtteilen zu einer Nahrungsmittelkrise geführt hat, die durch die stark gestiegenen Preise für Lebensmittel, insbesondere für Gemüse, verursacht wurde. Die Preise haben sich im Vergleich zu den vom Regime kontrollierten Stadtteilen verdoppelt.
Belagerte Einwohner*innen protestieren gegen die Praktiken der Regierung
Am 09. April 2022 gingen Tausende von Einwohner*innen von Sheich Maqsoud und Ashrafiyye auf die Straße, um gegen die Belagerung durch die Regierung zu protestieren. Die Demonstrant*innen forderten die Aufhebung der Belagerung und die Lieferung von Grundnahrungsmitteln in ihre Stadtteile.
Muhammed Sheikho, der Ko-Vorsitzende des Gemeinderats, der für die Stadtteile Sheich Maqsoud und Ashrafiyye zuständig ist, bestätigte, dass die Belagerung der beiden Stadtteile ein übliches Verfahren der Regierung ist, um die Autonomieverwaltung nach jedem Streit mit den beiden Stadtteilen unter Druck zu setzen. Sheikho sagte:
„Die schwerwiegendste Blockadeaktion der Regierung fand am 13. März dieses Jahres statt, als ein vom Regime betriebener Kontrollpunkt an der Al-Jazira-Straße die Durchfahrt eines mit Zucker beladenen Lastwagens zu den beiden Stadtteilen verhinderte. Seitdem mangelt es in den Stadtteilen an Grundnahrungsmitteln, insbesondere an Mehl.“
Sheikho fügte hinzu, dass sich die wirtschaftliche Lage in Sheich Maqsoud und Ashrafiyye durch die Belagerung der beiden Stadtteile durch die Regierung verschlechtert habe. Die Belagerung hat beispielsweise die Inhaber*innen der fast 400 kleinen Bekleidungsfabriken in den beiden Stadtteilen dazu gezwungen, hohe Bestechungsgelder an die Kontrollpunkte des Regimes zu zahlen, damit ihre Waren in andere Stadtteile transportiert werden können. Sheikho erklärte:
„Sheich Maqsoud und Ashrafiyye zählen mit rund 200.000 Einwohner*innen zu den am dichtesten besiedelten Stadtteilen von Aleppo. Die Belagerung durch die Regierung hat die Bewohner*innen der beiden Stadtteile lahmgelegt; ihre Proteste und die Bemühungen des Gemeinderats haben die Belagerung nicht aufheben können.“
Abschließend erklärte Sheikho, dass die Verwaltung der beiden Stadtteile den direkten Grund für die Belagerung die dazu geführt hat, dass viele Bäckereien seit dem 05. April keine Vorräte mehr haben und den Vertrieb eingestellt haben, noch nicht kennt.
Asayish antwortet in Qamischli
Am 08. April verhängten Mitglieder*innen der Internen Sicherheitskräfte der Autonomiebehörde (allgemein als Asayish bezeichnet) einen Sicherheiszone und übernahmen die automatisierte Al-Ba’ath Bäckerei des Regimes in Qamischli und beendeten deren Betrieb. Die Bäckerei ist die einzige von der Regierung betriebene Bäckerei in der Stadt, auf die die Bewohner*innen der Stadt und der umliegenden Dörfer, insbesondere der von der Regierung kontrollierten Dörfer im südlichen Umland von Qamischli, angewiesen sind.
Asayish äußerte sich nicht zu den Maßnahmen, mit denen sie die Kontrolle über die Bäckerei übernommen und Kräfte um die Bäckerei herum stationiert hatte, und auch die Autonomiebehörde äußerte sich offiziell nicht zu der vom Regime verhängten Belagerung der Stadtteile Sheich Maqsoud und Ashrafiyye.
Die Stadtteile Sheich Maqsoud und Ashrafiyye
Sheich Maqsoud und Ashrafiyye sind mehrheitlich kurdisch bewohnte Stadtteile im Norden Aleppos. In diesen Stadtteilen leben Zehntausende Kurd*innen, die nach der türkisch geführten Militäroperation „Olivenzweig“ aus Afrin vertrieben wurden. Die Volksverteidigungseinheiten (YPJ), die wichtigste Fraktion der Demokratischen Kräfte Syriens (SDF), haben die Kontrolle über die Stadtteile Scheich Maqsoud und Aschrafiyye von den Regierungstruppen und anderen bewaffneten Oppositionsgruppen übernommen. Die Stadtteile Scheich Maqsoud und Aschrafiye unterstehen nun der Autonomen Verwaltung und verfügen über eine zivile Verwaltungsstruktur, interne Sicherheitskräfte (Asayish) und eine Verkehrspolizei.
