
Stellungnahme vom Lokalen Autonomen Netzwerk (LAN) von den Philippinen über einen Artikel, welcher auch auf dem Enough Blog erschien, jedoch nun widerrufen wurde.
Eingereichter Beitrag. Übersetzt von Enough 14.
Erklärung des Lokalen Autonomen Netzwerks zur angeblichen Bekämpfung der Anarchisten auf den Philippinen
Das Lokale Autonome Netzwerk (LAN) ist ein loses Netzwerk von Individuen und Kollektiven, welches sich aus anarchistischen, antiautoritären und autonomen Aktivist*innen hier auf dem Archipel der so genannten Philippinen zusammensetzt. Seit Anfang der 2000er Jahre stehen die Menschen hinter dem Netzwerk ständig in Kontakt mit den anderen, unabhängig davon, ob sie aus dem Süden oder aus dem Norden der Philippinen kommen.
Das Netzwerk hat keine formelle Mitgliedschaft und stellt eine informelle Organisation da. Das Netzwerk hat seine eigene Ebene des gegenseitigen Verständnisses und Vertrauens, welche auf dem
Prozess des unerbittlichen Organisierens, Betreibens von Kampagnen und Initiieren verschiedener Aktivitäten und Projekte, beruht.
Wir haben von einem online veröffentlichten Bericht von Gruppen im Ausland über ein antianarchistisches Durchgreifen auf den Philippinen gehört. Der Bericht trägt den Titel „The Philippines – The continuing crackdown on anarchists“ und wurde zuerst von der in Großbritannien ansässigen Anarchist Communist Group (ACG) veröffentlicht und später kopiert und auf anderen internationalen anarchistischen Seiten verbreitet. Die meisten der Personen, welche im Lokalen Autonomen Netzwerk aktiv sind, reagierten auf diesen Bericht in gleicher Weise: „das ist alarmierend“. Da es sich um eine lokale Angelegenheit handelt, beschlossen wir, den Bericht zu untersuchen und vor Ort unsere eigenen Nachforschungen darüber anzustellen, wie
die reale Situation für Anarchist*innen dort aussieht.
Um den Kontext zu verdeutlichen: Es stimmt, dass das Duterte-Regime eine unterdrückende und repressive Regierung ist, noch mehr als frühere Präsidenten in früheren Regimen. Der Krieg gegen die Drogen, den Duterte 2016 begann und welcher seither geführt wird, hat schätzungsweise 30.000 Menschen getötet; dies ist eine Tatsache. Einige der Opfer der außergerichtlichen Tötungen (EJK- Extra Judical Killings) im Krieg gegen die Drogen waren Personen, die mit Drogen zu tun hatten, aber Hunderte von EJK-Opfern standen nicht einmal in Verbindung mit irgendeinem drogenbezogenen Thema. Kontinuierliche Morde und Attentate wurden auch an Linken, Dissident*innen, Bauernschaftsvertreter*innen, Gemeindeorganisator*innen und anderen Aktivist*innen verübt. Anarchist*innen auf den Philippinen wurden ebenfalls nicht verschont und im Jahr 2018 wurden Freiwillige von „Food Not Bombs“ ermordet und verhaftet. (Siehe den Bericht: “Four Food Not Bombs Volunteers were Killed in Philippine Drug War and One Volunteer is in Jail” .)
Diese Angelegenheit ist abgeschlossen, und unsere in dieser Angelegenheit inhaftierten Genoss*innen sind bereits wieder frei. Das Lokale Autonome Netzwerk ist seit September 2016 aktiv an der Kampagne zur Beendigung des Krieges gegen die Drogen und die vom Staat begangenen Gräueltaten beteiligt. Das LAN führt Veranstaltungen, Protestaktionen, Zine-Publikationen und andere Initiativen gegen diese Massenmorde durch.
In der Ära der COVID-19-Pandemie behandelt das autoritäre Duterte-Regime die aktuelle Krise wie einen Krieg und setzt Polizei und Militär an Kontrollpunkten ein, anstatt die gesundheitlichen und medizinischen Bedürfnisse der Bevölkerung zu verbessern. Es ist wahr, dass die Menschen unter dieser Abriegelung gelitten haben, vor allem die städtischen Armen und die marginalisierten Sektoren.
Die Regierung ist nicht wirklich darauf vorbereitet, wie mit der Gesundheitskrise umzugehen ist. Anstatt jenen Menschen zu helfen und zu unterstützen, welche ihre Arbeit verloren haben, bemüht sich die Regierung stattdessen verstärkt darum, die Bewegungen der Menschen zu kontrollieren, ohne klare Pläne zu haben, wie die Menschen überleben sollen. Zum Beispiel hat sich die finanzielle Hilfe der Regierung verzögert, und einige Menschen müssen nun auf die Straße gehen und um Essen betteln.
Auf der Grundlage unserer Nachforschungen über den Bericht, konnten wir die Einzelheiten hinter „The Philippines – The continuing crackdown on anarchists“ nicht bestätigen. Die Einzelheiten des Berichts scheinen nicht zuverlässig zu sein. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass der Bericht „Fake News“ darstellt und keinerlei Wahrheit enthält. Dies
sagen Leute, die die Autor*innen hinter dem Bericht kennen. Die Personen, die den Bericht verfasst haben, stehen in keinerlei Verbindung mit dem LAN und waren auch nicht an anarchistischen Projekten oder Initiativen beteiligt. Wir haben versucht, auf sie zuzugehen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen, um Dinge zu klären, und auch mit der Absicht gemeinsam Solidaritätsaktionen durchzuführen, aber stattdessen gingen sie in die Defensive. Wir haben ebenfalls festgestellt, dass es vor der Erstellung dieses Berichts mehrere Aufrufschreiben von den Verfasser*innen des Berichts gab, in denen sie Menschen im Ausland um finanzielle Unterstützung baten. Angesichts der offensichtlichen Ungenauigkeit des Berichts, verbunden mit der Bitte um finanzielle Unterstützung, stellen wir dann die Beweggründe der Menschen hinter dem Bericht in Frage.
Als Anarchist*innen des Archipels sind wir derzeit nicht das Ziel des Staates. Soweit uns bekannt ist, weiß der Staat weitestgehend nicht, dass wir uns organisieren. Wir gehen bei der öffentlichen Propagierung des Anarchismus sehr vorsichtig und taktisch vor. Wir wollen nicht, dass der Anarchismus durch diesen unverantwortlichen Bericht, welchen diese unverbundene Gruppe verschickt hat, kompromittiert wird. Das anarchistische Netzwerk hier ist sehr klein, und wir kennen uns untereinander sehr gut; mit unserer gegenwärtigen Internet-Technologie wüssten wir, wenn es einen Angriff gegen unsere Genoss*innen vor Ort gegeben hätte. Davon mal abgesehen haben wir nichts von dem gehört, was angeblich in Cebu passiert sein soll, und wir erfuhren es erst von anarchistischen Websites im Ausland, die diesen falschen Bericht eingestellt und weiter verbreitet haben.
Wir wissen, dass der Staat hier gegen Dissident*innen vorgeht, aber nicht etwa deshalb weil sie Anarchist*innen sind.
Das LAN fordert die Nachrichtenstellen auf, die Falschmeldung umgehend auf allen Websites, Blogs, Twitter- oder Facebook-Seiten herauszunehmen und zu löschen. Dies dient der Sicherheit und dem Schutz der Anarchist*innen auf dem Archipel. Dieser Bericht kompromittiert das anarchistische Netzwerk auf dem Archipel mit einer alarmierenden Schlagzeile sowie der Verlogenheit der verfassten Nachrichten.
Wir hoffen auf die Mitwirkung unserer internationalen Genoss*innen in dieser Frage.
Für anarchistische Nachrichten und Updates siehe die verschiedenen Kollektive, welche Teil des
LAN sind:
• Bandilang Itim: https://bandilangitim.noblogs.org &
https://twitter.com/BandilangItimPH
• Etniko Bandido Infoshop:
https://etnikobandidoinfoshop.wordpress.com/ &
https://www.facebook.com/ebinfoshop/
• Safehouse Infoshop: https://www.facebook.com/safehouse.infoshop
• Onsite Infoshop: https://onsiteinfoshopphilippines.wordpress.com/
• Feralcrust: https://feralcrust.noblogs.org/ &
https://www.facebook.com/feralcrustinfoshop/
• Pirate Studio Space: https://www.facebook.com/piratestudiospace/
• FlyingHouse/Ncspace/Tarima:
https://www.facebook.com/flyinghouse2013/
Lokales Autonomes Netzwerk, 14. Mai 2020.
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