
Slowenien. Gestern wurde in Sūnzǐ Bīngfǎ Nr. #5 ein Hintergrundartikel über die Rolle der antiautoritären Linken in der Protestbewegung in Zeiten von Corona publiziert. Heute publizieren wir eine Erklärung der Anarchistischen Initiative Ljubljana zur Demonstration für die Natur entlang Soča in Anhovo. Wir haben ein Video von der Demonstration, die am 19. September stattfand, hinzugefügt.
Ursprünglich veröffentlicht von Komunal: hier und hier. Übersetzt von Enough 14.
Am 19. September 2020 sind wir entlang des Flusses Soča gewandert, gepaddelt und geradelt und haben uns schließlich in Anhovo versammelt, um gegen die Industrien und Behörden zu protestieren, die unsere Luft, unser Wasser und unseren Boden für ihren Profit zerstören. Lasst uns die Diktatur des Kapitals beenden!
Das Kapital tötet das Leben
Die Eliten verschonen niemanden in ihrem unerbittlichen Streben nach Profit. Im gleichen Atemzug schüren sie den Nationalismus, indem sie sich der unberührten Natur Sloweniens rühmen, den Menschen Gutscheine anbieten, um sich vor dem immer stärker werdenden und mehr oder weniger verborgenen Faschismus der Gesellschaft in ihren idyllischen Ecken zu verstecken, und beharrlich ihre mörderischen Verwüstungsprojekte in Šoštanj, Petišovci, Trbovlje und Anhovo vertuschen. Hinter den Phrasen von grüner ökologischer Politik verbergen sich eine höhere Sterblichkeit und eine kürzere Lebenserwartung sowie Brennpunkte von Lungen- und Krebserkrankungen in stark geschädigten Gebieten, in denen das Leben und Wohlergehen der Menschen und der Umwelt um einer Handvoll Profite willen verspielt wird.
In Anhovo, wie im gesamten Soča Tal, sind die Menschen seit der Inbetriebnahme des Zementwerkes Anfang der 1920er Jahre einer systematischen Vergiftung ausgesetzt: zuerst durch Asbest und in jüngerer Zeit durch gefährliche Emissionen giftiger Substanzen, die aus der Mitverbrennung von meist importierten Abfällen resultieren, deren Ausrede die so genannte ˝increasing Energie efficiency˝ des Salonit Anhovo ist. Trotz des nachgewiesenen Gehalts an krebserregenden Stoffen in den Emissionen und der Tatsache, dass Anhovo zu den Orten mit den meisten Todesfällen aufgrund der verschmutzten Umwelt gehört, hält die Gesetzgebung äußerst milde Beschränkungen für die Industrie aufrecht, und gleichzeitig werden Verschmutzern mit Begeisterung Umweltgenehmigungen erteilt. All dies beweist eine starke Bindung zwischen den Vollstreckern der Politik von ˝ökologischen˝ und gierigen Kapitalisten und zeugt von einem Bündnis, das auf einer monströsen Gleichgültigkeit gegenüber dem Leben der Menschen beruht.
Die Entsorgung gefährlicher Stoffe im Salonit Anhovo, die im Einklang mit den bestehenden Gesetzen und Beschränkungen steht, stellt die große Mehrheit aller gefährlichen Emissionen im ganzen Land dar. Die Mengen einzelner Verbindungen in den Emissionen, wie z.B. Kohlenmonoxid, Stickoxide, Benzol und andere organische Verbindungen, übersteigen bei weitem die Mengen dieser Verbindungen aus der Verbrennungsanlage in Celje oder die von Lafarge Cement in Trbovlje zu der Zeit, als die Müllverbrennung dort ihren Höhepunkt erreichte. Zusätzlich zu den Anhovo-Emissionen in die Luft und von dort in die Lungen der umliegenden Bevölkerung, kommen pro Jahr auch Dutzende von Kilogramm an Verbindungen von Quecksilber, Kupfer und Blei hinzu. Die absurde Milde der Emissionsgrenzwerte wird durch einen Vergleich mit den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für Emissionen von Benzol deutlich, welches Karzinogen in die erste Gefahrenkategorie klassifiziert. Die slowenische Umweltgesetzgebung stuft es in die dritte Kategorie ein, in der Folge übersteigt allein die jährlich erlaubte Freisetzung von Benzol aus Salonit Anhovo die landesweit von der WHO erlaubte Emissionsmenge um mehr als das 2000-fache (sic!).
Umweltverschmutzung bleibt nicht nur in der Luft. Durch die langfristige Zerstörung der Umwelt im Soča Tal werden auch der Boden und damit lokal produzierte Lebensmittel und nicht zuletzt das Wassersystem belastet. Salonit Anhovo bezieht das benötigte Wasser direkt aus dem Fluss Soča und alle Abwässer landen wieder im Fluss. Ein Aufsehen erregender, aber keineswegs isolierter Fall von Trinkwasserverschmutzung ereignete sich im Juli dieses Jahres, als aufgrund eines „unangenehmen Fehlers“ Abwasser von Eternit Anhovo, einem Unternehmen, das eng mit Salonit Anhovo verbunden ist, in das Wasserversorgungsnetz unter dem Fabrikgebäude eindrang und die Bewohner:innen im weiteren Umkreis ohne Trinkwasser zurückließ.
Solche Notfälle sind keineswegs nur individuelle Fehler in einem ansonsten einwandfrei funktionierenden System. Es ist das System, das absichtlich tötet und vernichtet, damit die kapitalistischen Eliten ungestört ihre Taschen füllen können, und das alles mit dem vollen Segen der Umweltpolitiker:innen. Das System selbst ist der Fehler und das Problem. Wir dürfen nicht zulassen, dass der gierige mörderische Marsch seiner Vertreter:innen in Lenkungsausschüssen, Kuratorien, Ministerien und staatlichen Behörden weitergeht!
Wir solidarisieren uns mit den Bewohner:innen von Anhovo und dem weiteren Soča Tal, nicht mit dem Kapital!
Lasst uns die Fabrik stoppen, die unsere Herzen und Lungen zum Stillstand bringt!
Am Samstag, den 19. September 2020, nehmen wir an der Demonstration „Für die Natur“ entlang Soča in Anhovo teil und rufen alle auf, den Kampf der lokalen Gemeinschaft für das Leben, für die Natur, für unsere Zukunft zu unterstützen.
Ljubljana, 15. September 2020
Anarchistischen Initiative Ljubljana
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