
Seehausen. Keine A14. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wird wiederhergestellt: „Entgegen der Ansicht des Antragsgegners unterfällt das „Protestcamp“, dessen weiteren Ausbau und Nutzung er untersagt und dessen Beseitigung er verlangt, dem Schutz der Versammlungsfreiheit gemäß Art. 8 Abs. 1 GG.“
Ursprünglich veröffentlicht von Keine A14.
Weiter heißt es in der Begründung: “ Versammlungen sind durch Art. 8 Abs. 1 GG als Ausdruck gemeinschaftlicher, auf Kommunikation angelegter Entfaltung geschützt und stellen eine für die Demokratie unentbehrliche Form der Meinungsäußerung und -bildung dar. Art. 8 Abs. 1 GG schützt den gesamten Vorgang des Sich-Versammelns. Bei Versammlungen handelt es sich um örtliche Zusammenkünfte mehrerer Personen zur gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung. Entscheidend ist, dass die Meinungsbildung und -äußerung mit dem Ziel erfolgt, auf die Öffentlichkeit dem Anliegen der Versammlung entsprechend einzuwirken. Die Erörterung und Kundgebung muss dabei Angelegenheiten betreffen, die zur öffentlichen Meinungsbildung bestimmt und geeignet sind. Der Schutz der Versammlungsfreiheit umfasst das Recht der Grundrechtsträger, selbst über Art und Umstände der Ausübung ihres Grundrechts zu bestimmen, also zu entscheiden, welche Maßnahmen sie zur Erregung der öffentlichen Aufmerksamkeit für ihr Anliegen einsetzen wollen.“
[…]

Enthält eine Versammlung sowohl Elemente, die auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet sind, als auch solche, die diesem Zweck nicht zuzurechnen sind, ist entscheidend, ob diese „gemischte Versammlung“ ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung ist. Bleiben insoweit Zweifel, so bewirkt der hohe Rang der Versammlungsfreiheit, dass die Veranstaltung wie eine Versammlung zu behandeln ist (vgl. OVG NRW, B. v. 16.06.2020 – 15 A 3138/18 -, juris, Rdnr. 60 m. w. N.).
Nach diesen Grundsätzen weist das u. a. aus Baumhäusern bestehende „Protestcamp“ im Waldgebiet bei Losse einen hinreichenden funktionalen und konzeptionellen Zusammenhang zum Versammlungszweck auf. Das „Protestcamp“ ist eine Zusammenkunft von Personen mit dem Ziel der kollektiven Meinungskundgabe gegen den Weiterbau der A 14 auf die Öffentlichkeit und deren Meinungsbildung einzuwirken. Dies soll einerseits durch Transparente, Plakate und Gespräche mit Gegnern und Befürwortern des Autobahnbaus geschehen. Andererseits sollen die Baumhäuser der plakativen und der Aufmerksamkeit erregenden Meinungskundgabe dienen. Die Baumhäuser sollen symbolisch für ein Leben in unmittelbarer Verbundenheit mit dem Wald stehen und allein durch ihre Anwesenheit soll eine Position ausgedrückt werden, die sich gegen die Zerstörung der Natur durch den geplanten Autobahnweiterbau an dem Ort des Camps wendet. Verstärkt wird der Bezug des Camps zum Versammlungszweck dadurch, dass es mit den Baumhäusern direkt am Ort der beabsichtigten Trasse liegt.
Entgegen der Ansicht des Antragsgegners spricht der von ihm behauptete und auch mögliche Zweck, das Protestcamp diene der Blockade des Weiterbaus der A 14, gerade für einen Zusammenhang mit dem Versammlungszweck.“
Denn die Blockade des Autobahnbaus ist ein Mittel der kollektiven Meinungskundgabe gegen die Errichtung der Autobahn. Auch die sonstigen Versorgungsgegenstände (Wassertonne, Toilette) dienen zusammen mit den vorhandenen Schlafmöglichkeiten in Zelten und Baumhäusern dazu, die Kundgabe der Meinung der Versammlungsteilnehmer zu gewährleisten.“
Das VG rügt dann noch den Landkreis, dass dieser schon in der Vergangenheit schlampig war: „Das Gericht weist darauf hin, dass es bereits in der Vergangenheit versammlungsrechtliche Entscheidungen des Antragsgegners als nicht hinreichend begründet und den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügend angesehen hat (VG Magdeburg, B. v. 19.03.2021 – 3 B 76/21 -; juris)“
Nun hat der Landkreis zwei Wochen Zeit, beim Oberverwaltungsgericht des Landes SachsenAnhalt zu gegen diesen Beschlus Beschwerde einzulegen.