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Ozeanien: Erklärung zum Einmarsch Russlands in die Ukraine

Erklärung der folgenden anarchistischen Gruppen Australiens und Neuseelands: Anarchist Communists Meanjin, Black Flag Sydney, Geelong Anarchist Communists, Melbourne Anarchist Communist Group und RedBlackNotes.

Ursprünglich veröffentlicht von Karala. Übersetzt von Riot Turtle.

Erklärung zum Einmarsch Russlands in die Ukraine

Der jüngste Einmarsch Russlands in die Ukraine ist eine Fortsetzung der menschlichen Katastrophe, die vor vielen Jahren begonnen hat – ein Produkt jahrelanger politischer Diktatur, kapitalistischen Terrors und geopolitischer Rivalitäten. Das Ergebnis ist vorhersehbar: Viele Zivilist*innen werden sterben und noch mehr werden vertrieben.

Putin hat diesen Expansionskurs eingeschlagen, um zu verhindern, dass die Ukraine weiter in den Wirtschaftsblock der Europäischen Union integriert wird. Seine Eurasische Wirtschaftsunion, die Russland und seine engen Verbündeten wie Belarus und Kasachstan umfasst, ist Ausdruck der Interessen der Bourgeoisie seines eigenen Landes, die lieber ein großer Fisch in einem kleinen Teich ist, als mit der EU als regulärem Partner zu verhandeln.

In gewissem Sinne handelt es sich um einen Zusammenstoß zwischen zwei Arten kapitalistischer Wirtschaft: der paternalistischen, oligarchischen, oft staatlich gelenkten Wirtschaft Russlands und seiner Nachbarn und der modernen, marktorientierten, wettbewerbsintensiven Wirtschaft der „fortgeschrittenen“ EU-Staaten. Die Integration der Staaten um Russland herum bedroht die derzeitige russische Bourgeoisie, weil sie ihre eigene Existenz bedroht.

Wir glauben nicht, dass es sich dabei um einen einfachen Kampf zwischen westlichem Liberalismus und östlicher Diktatur handelt, wie manche meinen. Unsere Opposition gegen die russische Bourgeoisie bedeutet nicht, dass wir die westeuropäische Bourgeoisie unterstützen; wie Fälle wie Polen und Ungarn zeigen, können sich Länder unter der Schirmherrschaft von EU und NATO „demokratisch“ in Richtung Autoritarismus entwickeln. Das Wachstum der von Australien stark inspirierten „Festung Europa“, die mit zunehmender Härte gegen Migrant*innen vorgeht, zeigt auch, dass liberale Demokratie und Autoritarismus keine Gegensätze, sondern gemeinsame Partner sind.

Der Krieg in der Ukraine wird globale Auswirkungen haben. Er wird nicht nur die EU und die eurasischen Staaten betreffen, sondern auch die USA, die über die NATO die wichtigste Militärmacht in Europa sind. Die Ukraine ist auch ein wichtiger Agrarexporteur, und viele Länder sind auf den Weizen angewiesen, den ihr fruchtbarer Boden produziert. Der Libanon zum Beispiel, der sich bereits in einer Wirtschaftskrise befindet, importiert 50 % seines Weizens aus der Ukraine. Libyen importiert 43 %. Gemessen am Wert kommen 86 % der ägyptischen Weizeneinfuhren aus der Ukraine und Russland. Eine Destabilisierung dieses Marktes wird zweifellos die Art von „Brotaufständen“ auslösen, die wir in vielen dieser Länder bereits erlebt haben.

Trotz ihrer Unterschiede haben sowohl die westeuropäische als auch die russische Bourgeoisie eine wesentliche Gemeinsamkeit: die Verteidigung ihrer eigenen Existenz gegen die eigenen Arbeiter*innenklassen. Dementsprechend sollte die wichtigste Antwort auf diese Kriegstreiberei weder eine Entschuldigung für den russischen Imperialismus noch eine Unterstützung der NATO oder gar eine „nationale Verteidigung“ innerhalb der Ukraine sein. Vielmehr unterstützen wir eine erneute Anstrengung, Arbeiter*innen über nationale Grenzen hinweg zusammenzubringen und alle Formen der Revolte zu unterstützen, die ihre jeweiligen Systeme in Frage stellen: Meuterei, Desertion, Streiks, Sabotage, Demonstrationen.

In Australien haben wir einige grundlegende Aufgaben:

  • Gegen die Kriegstreiberei unserer eigenen Seite und gegen die heuchlerischen Verurteilungen Russlands durch dieselben Politiker*innen, die die Invasionen in Irak und Afghanistan vorangetrieben haben, sollten wir alles in unserer Macht Stehende tun, um zu verhindern, dass noch mehr Staaten intervenieren, was die Gefahr mit sich brächte, dass sich der Krieg zu einem größeren, noch katastrophaleren globalen Konflikt ausweitet;
  • Sinnvolle Solidaritätsaktionen mit den Arbeiter*innenklassen der Ukraine und Russlands, die die Hauptleidtragenden des Krieges sind, und mit den Demonstrant*innen gegen den Krieg in beiden Ländern durchzuführen;
  • Verbreitung von Informationen unter den hiesigen Arbeitnehmer*innen über die Arbeitsbedingungen in Russland und der Ukraine und über die Möglichkeiten, sich gegen die Kriegswirtschaft und die damit verbundenen Einschränkungen der Freiheitsrechte zu wehren;
  • Unterstützung des freien und sicheren Zustroms von Migrant*innen aus dem Konflikt und Forderung, dass Australien seine brutale Grenzpolitik beendet und Geflüchteten dauerhaften Schutz gewährt, unabhängig davon, wie sie gekommen sind;
  • Wie immer für die Vereinigung der Arbeitnehmer*innen über nationale Grenzen hinweg zu arbeiten und für das Einzige zu kämpfen, das allen Kriegen ein Ende setzen kann: die soziale Revolution.

Der Krieg ist wirklich schrecklich, aber wie alle anderen kapitalistischen Krisen birgt er das Potenzial, die Art von sozialen Aufständen auszulösen, die ganze Regime stürzen. Vor einem Jahrhundert war Russland an einem katastrophalen, blutigen Krieg beteiligt. Er endete mit einer Revolution der Arbeiter*innenklasse, die Schockwellen über die ganze Welt sandte. Es ist die Aufgabe der internationalen Arbeiter*innenklasse, dafür zu sorgen, dass dieser Krieg auf die gleiche Weise endet.(1)

Unterzeichnet von den folgenden anarchistischen Gruppen aus Australien und Neuseeland:

Anarchist Communists Meanjin
Black Flag Sydney
Geelong Anarchist Communists
Melbourne Anarchist Communist Group
RedBlackNotes

Kein Krieg, sondern Klassenkampf!

Fußnoten

(1) Wir wissen, wie dieser Satz gemeint war, dennoch möchten wir betonen, dass wir eine Revolution wie die bolschewistische russische Revolution vor hundert Jahren nicht unterstützen. Wir unterstützen eine anarchistische Revolution: gegen jede Autorität. Enough 14.



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