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Was passiert in Griechenland?

Griechenland. Am 5. Dezember wurde Kostas Frangoulis – ein junger Rom – von einem Bullen in den Kopf geschossen. Eine Woche später ist er an den Verletzungen gestorben. Wir haben die Ereignisse, welche nach dem tödlichen Schuss stattfanden, zusammengefasst, um einen Überblick zu schaffen. Vieles mithilfe eines Übersetzungsprogrammes vom Griechischen ins Deutsche übersetzt, sprich es kann auch kleine Übersetzungsfehler haben. Wir hatten vor allem Informationen von Indymedia Athen und Twitter und nicht noch von anderen Seiten, die z.B. aus der Perspektive von den in Griechenland lebenden Romas berichteten.

Ursprünglich veröffentlicht von Barrikade Info.

Zu den Geschehnissen vom 5. Dezember

In der Nacht vom 5.12. schoss ein 34-jähriger Bulle dem 16-jährigen Kostas Frangoulis in Thessaloniki in den Kopf. Kostas tankte für 20 Euro(!) an einer Tankstelle und ging, ohne den Betrag zu bezahlen. Der Tankstellenbesitzer wendete sich an 2 Bullen, die sich zu diesem Zeitpunkt in der Tankstelle befanden. Diese verfolgten den Jungen mit ihrem Auto und schossen bei der Verfolgungsjagd auf ihn. Durch das Rückfenster des Fluchtfahrzeuges wurde Kostas in den Kopf geschossen.

In den ersten Tagen folgten unsinnige Erklärungsversuche von Seiten der Medien und der Regierung. Sie stellten es so dar, als wollte Kostas die Polizei von hinten mit seinem Auto rammen. Der Polizist hätte daher schiessen müssen, um sein und das Leben seines Kollegen zu schützen. Auch behauptete der Bulle, dass er Warnschüsse abgegeben habe und auf die Reifen geschossen habe. Dass diese Darstellung der Dinge gar keinen Sinn ergibt, da ja Kostas von den Bullen verfolgt wurde und der Schuss von hinten Kostas Kopf traf, sollte allen klar sein. Zudem widerlegen Überwachungsaufnahmen die Aussagen der Bullen. Dies zeigt einmal mehr, wie die Polizei, die Regierung und durch sie die Medien Lügen verbreiten, um einen Mord nicht als solchen darzustellen.

Der Bulle wurde verhaftet und wird von einem bekannten Anwalt verteidigt, welcher schon mehrere Male gewalttätige Bullen, sowie Vergewaltiger* und andere nicht unbedingt sympathische Menschen vertreten hat. Der Bulle konnte am Morgen des 09.12. auf Kaution das Gericht wieder verlassen und steht unter Hausarrest.

Kostas wurde in ein Krankenhaus gebracht und befand sich in einem kritischen Zustand. Den Eltern wurden bereits kurz nach der Einweisung des 16-jährigen Jungen jegliche Informationen verwährt. 4 Tage nach den Schüssen war immer noch nichts an die Öffentlichkeit gedrungen, was den Zustand von Kostas betraf.

Am 07.12. machte selbst der Verband der Krankenhausärzt*innen darauf aufmerksam, dass es sich bei der Entscheidung des Gouverneurs des Krankenhauses um eine unmenschliche Entscheidung handelt, die sie stark verurteilen.

Am Dienstag dem 13.12. ist Kostas Frangoulis den schweren Verletzungen erlegen. Die Wut der Roma Gemeinschaft ist riesig und hat in zahlreichen Auseinandersetzungen mit den Bullen Ausdruck gefunden.

Ein vielgeteilter Slogan, welcher die systematische Unterdrückung der Roma Minderheit ausdrückt, wurde an Demonstrationen gerufen und an vielen Orten an die Wände gesprayt.

„Es war nicht das Benzin, es war nicht das Geld, die Polizei hat geschossen weil er Roma war.“

Der Staat, die Bullen und die Justiz morden immer und immer wieder und es wird nicht der letzte Mord sein, denn das Ganze hat System. Keine rechtliche Strafe ist je eine Genugtuung für all die Morde! Organisieren wir uns und schlagen zurück, um ein bisschen Würde für all die Toten zurückzuerlangen. Bringt eure Wut zum Ausdruck, für eine grenzenlose Solidarität. Tod dem Staat, Tod den Bullen! Für die Anarchie

Ausbrüche der Wut und Aktionen, die seit dem Kopfschuss am 5. Dezember stattfanden:

5. Dezember
Zahlreiche Roma Gemeinschaften zünden, über ganz Griechenland verteilt, Strassenbarrikaden an und lassen die Bullen ihren Hass spüren. Teils wurde auch dazu aufgerufen, sich zu bewaffnen, was unter anderem in der Athener Vorstadt Aspropyrgos geschah, wo Protestierende mit Schrotflinten auf die Beamten schossen.

6. Dezember
In Athen fand die jährliche Gedenkdemonstration für Alexis Grigoropoulos, der am 6. Dezember 2008 von den Bullen ermordert wurde, statt. Schätzungsweise über 4000 Menschen gingen auf die Strasse, daraus lösten sich ca. 1000 Menschen für militante Angriffe auf die Bullen.

Bankautomaten der Piraeus Bank wurden zerstört und in Thessaloniki gab es Molotow-Angriff auf Bereitschaftspolizisten und Krawalle an der Gedenkdemonstration.

Während der 6. Dezember Demo in Volos, in Gedenken an Alexis, wurden beim Parteibüro der Nea Democracy die Eingangsscheiben zerschlagen und anschliessend im 2. Stock die Türe eingetreten und weisse Farbe versprüht. Sie solidarisieren sich mit Kostas Frangoulis, wie auch mit dem getöteten Schüler in der Stadt Serres. Der Schüler starb als der Heizungsraum der Schule explodierte. In ihrem Communique erwähnten sie auch die provokante Aktion des Ministerpräsidenten, der die Polizisten (am gleichen Tag wie Kostas angeschossen wurde) mit 600 Euro belohnte.

In Patras wurde unter anderem als Aufruf zu den jährlichen Gedenk-Demonstrationen am 6. Dezember, bei drei grossen Supermarktketten die Scheiben eingeschlagen und erheblichen Sachschaden verursacht. Im Bekenner*innenschreiben beziehen sie sich auf die horrenden Erhöhungen der Lebensmittelpreise und die damit verbundene Gewinnmaximierung von Supermärkten.

In der Kleinstadt Messolonghi, am ionischen Meer, gab es verschiedene Interventionen mit Flyern, Transparenten und Parolen. Zudem solidarisierten sie sich mit der Roma Gemeinschaft welche in Aitoliko (Kleinstadt, mit 4000 Einwohnenden, in der nähe von Messolonghi) Strassen mithilfe von brennenden Barrikaden blockierten.

8. Dezember
Am frühen Morgen gab es Zusammenstösse mit der Bereitschaftspolizei in Athen, dabei wurde versehentlich ein*e Passant*in verhaftet. Zudem wurde bei Demonstrationen gegen Polizeigewalt in vielen Regionen Griechenlands in der Nacht zum Freitag (9. Dezember) ein Polizist leicht verletzt. Medienberichten zufolge hatten rund 30 Protestierende in der Athener Vorstadt Aspropyrgos mit Schrotflinten auf die Beamten geschossen. Andernorts flogen Steine; Mülltonnen, Reifen und Autos wurden in Brand gesetzt.

Nach zweitägigen Zusammenstössen mit den Repressionskräften wurde die Halandri (Vorort von Athen) von Polizisten blockiert, die rund um die Uhr mit Käfigen und Bereitschaftspolizei an den Eingängen des Vorortes präsent sind. Als Zeichen der Solidarität versammelten sich über 40 Personen mit Transparenten. Bewohnende schlossen sich der Versammlung an und tauschten sich über die Situation aus.

Am Abend des 8. Dezember gab es eine Aktion mit Farben am Haus des Gouverneurs des Krankenhauses von Thessaloniki, Nikolaos Antonakis. Er ist derjenige, der von der Regierung angewiesen wurde, entgegen jeglichem Pflicht- und Moralempfinden keine Mitteilungen über den Gesundheitszustand des 16 Jährigen Kostas zu machen. Er ist derjenige, der nicht zögert, nicht einmal die Eltern zu informieren. Seine Haltung macht ihn zum Komplizen der Mörder von Kostas, die er durch seine Haltung zu decken versucht. Zudem schreiben sie in ihrem Bekenner*innenschreiben: Öffentliche Krankenhäuser gehören dem Volk, und das Volk macht sich schmutzig, wenn es mit Polizistenmördern und Regierungen zusammenarbeitet, die kaltblütige Morde vertuschen. Nico Antonakis, du bist Abschaum.

9. Dezember
Versammlung in Monastiraki. Über 150 Personen hielten auf dem Monastiraki-Platz eine Versammlung ab und formierten sich anschliessend zu einer Demonstration.

10. Dezember
Der Vater von Kostas (welcher Berichten zufolge zu diesem Zeitpunkt klinisch tod ist) wird vor dem Gericht in Thessaloniki zusammengeschlagen. (Leider haben wir dazu nicht mehr informationen gefunden, respektive wissen auch nicht ob er von den Bullen oder anderen faschistischen Kräften angegriffen wurde)

12. Dezember
Vor der Ärztekammer gab es am Montagmittag eine Intervention mit Transparenten und Parolen. Die Ärztekammer wollte, in Loyalität mit den Bullen, nicht über den Gesundheitszustand von Kostas Fragoulis informieren. Einzelne Teilnehmer*innen der Intervention gingen in die Büros, warfen Wurfzettel und verteilten Texte an die Arbeiter*innen.

13. Dezember
Kostas Frangoulis stirbt an den Folgen des Kopfschusses von den Bullen. Der 34-Jährige Polizist, der Kostas Frangoulis erschoss, steht weiterhin unter Hausarrest. Gestern wurde jedoch bekannt, dass der Staatsanwalt seine Untersuchungshaft beantragt hat und darauf hingewiesen hat, dass der Polizist in diesem Fall nicht hätte feuern dürfen. Die endgültige Entscheidung wird in den kommenden Tagen vom Rat der Richter von Thessaloniki getroffen.

Am Nachmittag haben sich Romas in Pagani (Lesvos) versammelt und Autoreifen angezündet und Steine auf die Bullen geschmissen. Das gleiche in Chalkida (Hauptstadt Insel Euböa) wo zudem ein Marsch in die Stadt zum Polizeihauptgebäude geplant ist.

In der Zwischenzeit ordnete das griechische Polizeipräsidium einen allgemeinen Alarm für alle Polizeikräfte in ganz Griechenland an.

Demonstrationen sind in Athen, Thessaloniki, Heraklion, Rethymnon, Chania, Patras und Agrinio angesagt.

In Heraklio und Chania wurden, aus der Demo heraus, Schaufenster und Bankautomaten eingeschlagen.

In einem Aussenbezirk von Athen gab es kurz vor 22 Uhr einen Angriff auf einen Supermarkt, Geldautomaten der Piraeus Bank und der Eurobank, ein Transporter von Aktoras und 2-3 teure Autos, ein privates Diagnosezentrum, die Büros der OAED (Arbeitsamt) und auf 2 Wahlkampfbüros der kommunalen Parteien.

14. Dezember
10 Festnahmen nachdem 30 Personen vor der Universität für Wirtschaft und Handel die Strasse verbarrikadierten und diese anschliessend anzündeten. Zur gleichen Zeit kam es vor der juristischen Fakultät zu Störaktionen, bei denen 25 Personen festgenommen wurden.

Der Bullenmörder steht weiterhin unter Hausarrest und in den nächsten 24 Stunden (stand 14. Dezember) soll der Stadtrat von Thessaloniki über die strafrechtliche Behandlung des 34-jährigen Bullen entscheiden.

Die Beerdigung von Kostas findet am Donnerstag, 15. Dezember in Thessaloniki statt

In der Gegend von Exarchia (Athen) wurde ein Bus des Unternehmens Hertz angezündet. Dies geschah unter anderem als reflexartige Reaktion auf die Festnahmen der vergangenen Tage, und als Rache an dem Tod von Kostas und Alexis und allen anderen die von Polizeigewalt betroffen sind.

Zudem gab und gibt es noch unzählige Treffen und weitere Aktionen die hier jetz nicht erwähnt wurden. Trotzdem finden wir es wichtig zu zeigen, wie die Wut auf die Strasse getragen wird und die Bullen nicht ohne Reaktionen morden können. Lassen wir uns von diesen Aktionen inspirieren und solidarische Grüsse und viel Kraft an alle, die auf den Strassen gegen die abscheuliche Gewalt von Staaten und ihren loyalen Verbündeten kämpfen. Nieder mit jeglicher Herrschaft, für die Freiheit, für die Anarchie

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