Veröffentlicht am Schreib einen Kommentar

#Montreal: Bringt den Aufstand nach Hause

Montreal. QC. Die Unterstützung des sich in ganz Amerika ausbreitenden Aufstands im Zusammenhang mit dem Polizeimord an George Floyd bedeutet, diesen nach Hause zu bringen. Wir bekamen in Montreal an diesem Sonntag einen nachhaltigen Blick genau darauf, als die Polizei zum ersten Mal seit Jahren für längere Zeit die Kontrolle über die Innenstadt verlor.

Ursprünglich veröffentlicht von Montreal Counter Info. Übersetzt von Enough 14.

Nach dem Ende des organisierten Marsches kämpfte eine junge, multiethnische Menschenmenge vor dem SPVM-Hauptquartier gegen die Polizei und reagierte auf ihr Tränengas mit Steinen und Flaschen. Die Teilnehmer*innen errichteten Barrikaden und legten Feuer, um die Bewegungen der Polizei zu verlangsamen. In den folgenden Stunden hielten Hunderte von Demonstrant*innen die Straßen frei, indem Geschäftsfronten zertrümmert und Waren auf und ab der Ste-Catherine, der Haupteinkaufsader, enteignet wurden. Auch bei Birks, einem Juweliergeschäft für hochwertigen Schmuck, welches außerdem mit einem Molotow angegriffen wurde.

Wir verzichten auf einen nächtlichen Spielbericht, um auf eine Dynamik einzugehen, von der wir annehmen, dass sie unsere Widerstandsfähigkeit in Zukunft einschränken wird. Wenngleich der Sonntag bewies, dass ein breites Spektrum an Menschen bereit ist, sich gegen ein System zur Wehr zu setzen, dessen Wurzeln im Völkermord und in der anhaltenden Gewalt rassistischer Herrschaft liegen, waren einige der lautesten Stimmen während und nach der Aktion auf den Straßen diejenigen, welche am „friedlichen Protest“ als der einzig akzeptablen Form des Widerstands festhielten.

Sich auf Gerüchte und falsche Informationen stützend, nimmt die Erzählung von weißen „outside agitators“ Anleihen bei der Propaganda der weißen Vorherrschaft und löscht die Wirkkraft der Schwarzen aus, welche sich mutig der Unterdrückung mit allen erforderlichen Mitteln widersetzen. Es ist eine Erzählung, die darauf abzielt, Bewegungen zu spalten und unsere gemeinsame Wut und Entschlossenheit zu delegitimieren. Wie neulich einige anarchists of color in den Vereinigten Staaten schrieben:

“Selbsternannte Führer*innen haben versucht zu unterstellen, dass alle, die nach der Ermordung von George Floyd in Minneapolis einen Konflikt mit der Polizei wünschten Weiße wären, „Weiße [die] dazu kommen, schwarzen Schmerz zu benutzen, um das Ausleben von Aufruhrphantasien zu rechtfertigen“. Als ob die wirkliche weiße Fantasie nicht darin bestünde, dass farbige Menschen ihr eigenes Verhalten polizeilich überwachen, um die Gesellschaft der weißen Vorherrschaft vor der Zerstörung zu retten. Dies ist ein alter Trick, den es sich lohnt, erneut aufzudecken.“

Gegen diese Erzählungen, welche es der Polizei einfacher machen, die Kontrolle zu behalten und weiterhin zu töten, sollten wir nicht zögern, klar zu stellen, dass der Maßstab, nach dem wir entscheiden, wie wir kämpfen, nicht die Legalität oder die Respektabilität der Zivilgesellschaft sein wird.

Es ist legitim, die Polizei anzugreifen, eine Institution, welche die Freiheit der Schwarzen gewaltsam unterdrückt, den Diebstahl von indigenem Land durchsetzt und jene verteidigt, die dadurch reich werden, dass sie uns ausbeuten. Indem wir dies tun und indem wir das Vertrauen und die taktische Fähigkeit entwickeln, Raum und Zeit zu gewinnen, beweisen wir, dass wir uns nicht damit abfinden müssen, dass sie über unsere Leben bestimmen.

Es ist legitim, die Straßen zu verbarrikadieren und Brände zu legen – um eine städtische Umgebung, die zur Ausübung der Polizeiarbeit gebaut wurde, in etwas zu verwandeln, das uns eine Chance auf Erfolg geben könnte.

Es ist legitim Läden zu plündern, weil alle schöne Dinge haben sollten, und eine Welt, in der kommerzielles Eigentum höher bewertet wird als das Leben der Schwarzen, bringt Menschen wie George Floyd und Regis Korchinski-Paquet weiterhin in die große Gefahr eines vorzeitigen Todes.

Dies sollte der Ausgangspunkt für alle Gespräche darüber sein, wie man auf den Straßen eine Vielfalt von Taktiken anwenden kann, Gespräche, die sich auch mit den Auswirkungen unseres Handelns auf diejenigen befassen müssen, mit denen wir die Straße teilen, wie wir uns gegenseitig schützen können und das Ziel, eine Konfliktfähigkeit zu entwickeln mit dem Verständnis, dass wir nicht alle denselben Risiken ausgesetzt sind.

Viele derjenigen, welche die Aktionen anderer Demonstrant*innen überwachen, gehen so weit, dass sie sie beim Angriff auf die Polizei oder auf Eigentum fotografieren oder filmen und diese Informationen anschließend ins Internet stellen, um zu versuchen, mehr Menschen zu identifizieren und der Polizei zu übergeben. Um diesem Trend zu widerstehen, möchten wir alle Anwesenden daran erinnern, direkt einzugreifen, wenn Sie Menschen sehen, die während der Unruhen filmen; sagt ihnen, dass sie aufhören sollen, und wenn nötig, bringt sie dazu, aufzuhören. Und an die mutigen Menschen, welche Scheiben zerbrechen und Brände legen, erinnert euch gegenseitig daran, eure Gesichter bedeckt zu halten.

Südlich der Grenze ist ein echter Aufstand im Gange. Während das einzigartig blutige Erbe des Rassismus in den Vereinigten Staaten der dort brodelnden Wut eine gewisse geographische Verankerung verleiht, ist der Antagonismus gegenüber der Polizei unbestreitbar allgegenwärtig, und der anti-schwarze Rassismus ist tief in der Geschichte Quebecs und Kanadas verwurzelt. Werden wir uns diesem geschichtsträchtigen Moment stellen und sinnvolle Wege finden, um uns zu engagieren, die Revolte auszuweiten oder zu einem vorgezeichneten, aktivistischen Zeichen oberflächlicher „Solidarität“ schrumpfen? Es ist jetzt an der Zeit, den Aufstand nach Hause zu bringen.


Enough 14: Unterstützt unsere Arbeit!

Enough 14: Unterstützt unsere Arbeit! Unterstützt unsere unabhängige Berichterstattung und Info-Café. Gerade jetzt braucht das Enough Info-Café eure Unterstürzung um die laufende Kosten finanzieren zu können.

€1,00

Wir haben zwei Solidaritäts-T-Shirts (Bilder unten) für das Enough Info-Café entworfen. Ihr könnt die Enough Info-Café-Solidaritäts-T-Shirts hier bestellen: https://enoughisenough14.org/product/t-shirt-wir-werden-nicht-zur-normalitat-zuruckkehren-schwarz/ und https://enoughisenough14.org/product/t-shirt-wir-sind-ein-bild-aus-der-zukunft-schwarz/

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.