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Adespota Kollektiv: Unerwartete und laute Demonstration in Saronno, Lombardei [Italien]

Saronno. Lombardei. Italien. Am 19. Dezember gab es eine unerwartete und laute Demonstration, die durch die Straßen der Innenstadt von Saronno gezogen ist.

Ursprünglich veröffentlicht von Il Rovescio. Übersetzt von Enough 14.

WIR WACHTEN EINES MORGENS AUF UND STELLTEN FEST, DASS WIR VÖLLIG WEHRLOS WAREN

Wehrlos, was die Gesundheitsfürsorge anbelangt.

Die Lombardei hat sich nach Jahrzehnten immer weitergehender Kürzungen des öffentlichen Gesundheitswesens zugunsten der privaten Gesundheitsversorgung so gut es ging taub gestellt. Das gesamte staatliche Gesundheitssystem, und vor allem das der Lombardei, das als Flaggschiff galt, ist aufgrund von Personal- und Instrumentenmangel zusammengebrochen. Die Zentralisierung des Gesundheitswesens und der Abbau der territorialen medizinischen Versorgung war ein schädlicher Schritt. Auch in Saronno wissen wir das: Das städtische Krankenhaus steht seit Jahren unter der Obhut der Krankenhausgesellschaft Busto, und ihre Zukunft ist ungewiss.

Wehrlos in Bezug auf das Thema Sicherheit.

Sie bombardieren uns seit Jahren mit der Lüge der Sicherheit, einer echten Mogelpackung. In der Zwischenzeit haben sie die Zahl der Polizist:innen erhöht, sogar während der aktuellen Pandemie, als die Mittel für etwas ganz anderes gebraucht wurden. In diesem Klima zunehmender sozialer Spannungen hat sich der Staat eines beispiellosen Massakers schuldig gemacht: Im vergangenen März wurden im Gefängnis von Modena vierzehn Häftlinge getötet. Die Medien und die Polizei selbst haben monatelang von einer kollektiven Überdosis gesprochen. So ein Quatsch! Vierzehn Häftlinge sind getötet worden, wir brauchen keine offizielle Version der Wahrheit, nur ein Blinder könnte das nicht sehen.

Wehrlos in Bezug auf unsere Vorstellung von der Welt.

Seit der Pandemie gezwungen, zu Hause zu bleiben, haben wir festgestellt, dass wir keine Bezugsgemeinschaft haben, dass wir atomisierter denn je sind, jeder in seiner eigenen Blase der Unkommunizierbarkeit, virtuell (soziales Netzwerk) und auch sonst. Teile unseres Lebens an den Staat zu delegieren, bringt immer Unglück, es Stück für Stück zurückzuholen, ist der Mindestwunsch. Unter diesem Gesichtspunkt wird es dringend notwendig, dem Staat nicht zu erlauben, uns mit DPCMs (Dekreten des Präsidenten des Ministerrats) einzusperren: wenn wir arbeiten können, wenn wir konsumieren können, dann können wir auch protestieren, streiken, uns organisieren; uns selbst schützen, versteht sich.

Wehrlos am Arbeitsplatz.

Zur gleichen Zeit, als die Pandemie wütete, wurden die Logistiker:innen und Lieferkräfte zunehmend ausgebeutet: die wahnwitzigen Verordnungen der Lombardei, wonach Fahrradlieferanten nicht mit dem Zug fahren dürfen, unhaltbare Arbeitszeiten, Erpressung von Arbeiter:innen, die streikten, und vieles mehr. Nichts Neues unter der Sonne, könnte man sagen. Die Ketten der Ausbeutung zu boykottieren ist ein erster Schritt, aber er reicht nicht aus; jede Initiative des Kampfes dieser Arbeiter:innen zu unterstützen ist das Minimum.

Wehrlos in der Schule.

Die erste, die im vergangenen Februar schloss, die letzte, die wieder öffnete, die Schüler:innen sind wieder einmal zu Sündenböcken geworden, an denen der politische Kleinkrieg ausgetragen werden kann. Dabei geht es nicht um die Debatte, ob geöffnet oder geschlossen werden soll, sondern um die Schulwelt als Ganzes, eine Welt, die zunehmend von Geldmangel, baufälligen Gebäuden und fehlendem und unterqualifiziertem Personal gezeichnet ist. Die Leichtigkeit, mit der der gesamte Schulsektor Millionen von persönlichen Daten großen Konzernen anvertraut hat (Google Meet, Classroom, Teams), lässt erahnen, in welche Richtung es langfristig zu gehen scheint.

Wir sind es leid, nur Zuschauer der Katastrophe zu sein, die sie für uns organisiert haben. Durchbrechen wir die Isolation, in der wir uns befinden, in der Überzeugung, dass Solidarität und Konflikt heute mehr denn je die Mittel sind, mit denen wir für unsere Rechte kämpfen müssen. Hören wir auf, wehrlos zu sein, um diese von den Herrschenden so heiß begehrte Normalität zu stürzen, versuchen wir, uns eine andere Welt vorzustellen, in der die Freiheit der Richtungsweiser ist.

GEGEN DEN STAAT, DIE BOSSE UND DIEJENIGEN, DIE SIE VERTEIDIGEN!

Adespota Kollektiv, Dezember 2020.


Wir haben zwei Solidaritäts-T-Shirts (Bilder unten) für das Enough Blog und Info-Café (Denn wir brauchen ein neue Räumlichkeiten) entworfen. Ihr könnt die Enough Info-Café-Solidaritäts-T-Shirts hier bestellen: https://enoughisenough14.org/product/t-shirt-wir-werden-nicht-zur-normalitat-zuruckkehren-schwarz/ und https://enoughisenough14.org/product/t-shirt-wir-sind-ein-bild-aus-der-zukunft-schwarz/

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