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Athen: „Die Bullen raus aus unseren Kiezen“ – Demo im Stadtteil Nea Smyrni nach zunehmender Polizeigewalt [Video & Bericht]

Athen. Nea Smyrni. Alles begann am Sonntagmittag des 7. März 2021, als Polizeibeamte auf dem Platz von Nea Smyrni, einem Stadtteil von Athen, Familien ansprachen, die zum Sonntagsspaziergang rausgegangen waren, und begannen, Geldstrafen zu verteilen, trotz der Tatsache, dass die Leute Masken trugen. Als andere Anwohner:innen anfingen zu protestieren, reagierte die Polizei mit Gewalt. Als Anwohner:innen den Familien zu Hilfe eilten, wurden sie wie Feinde behandelt. Dutzende von zusätzlichen Bullen auf Motorrädern kamen, um die, die schon da waren, zu verstärken und begannen, jeden anzugreifen, jagten, verprügelten und verhafteten 11 Menschen im Hain von Nea Smyrni und in der Umgebung.

Ursprünglich veröffentlich von Perseus999. Übersetzt von Riot Turtle.

Die Zunahme der Polizeigewalt in Nea Smyrni löste den Zorn und die massiven Gegenreaktionen hunderter Anwohner:innen aus, ebenso wie die vom Staat verbreitete und von großen Teilen der Mainstream-Medien unkritisch wiedergegebene Lüge über Angriffe von Unbekannten auf Polizist:innen. Wenig später zogen etwa 1.000 Anwohner:innen mit einem Transparent mit der Aufschrift „Die Bullen raus aus unseren Kiezen“ durch das Viertel.

Die spontane Demo gegen polizeiliche Willkür und Gewalt wurde von vielen Balkonen im Kiez beklatscht, doch wenig später kesselten Bereitschaftspolizist:innen die Demo ein, was zu großen Spannungen führte. Wie es bei einer Demo gegen Polizeigewalt, die ein ganzes Stadtteil erlebte, nicht unerwartet ist, wurden die Bullen als Eindringlinge und Unerwünschte behandelt. Es überrascht nicht, dass die Demo aufgrund der Informationen über das staatliche Vorgehen, insbesondere in den letzten Wochen, von den Bereitschaftspolizist:innen mit Blendgranaten und Chemikalien angegriffen wurde, buchstäblich wie eine Armee, die in ein Stadtteil eindringt.

Das Video, das Griechenland in Aufruhr versetzte: „Ich bin verletzt“

Es war Sonntag, der 7. März 2021. Da alles seit mehr als vier Monaten nonstop Lockdown geschlossen ist und eine Ausgangssperre gilt, die wochentags um 21:00 Uhr und am Wochenende um 19:00 Uhr beginnt, hingen die Leute einfach auf dem Nea-Smyrni-Platz herum. Plötzlich kreisen Motorradbullen über den Platz und versuchen, die Leute einzuschüchtern und zu verscheuchen. Sie suchen sich eine Familie aus und verhängen ein Bußgeld (300 Euro pro Person), weil sie alleine auf einer Bank saß, obwohl sie alle Sicherheitsvorkehrungen wie das Tragen von Masken getroffen hatte.

Die Leute, die neugierig geworden sind, was passiert ist, gehen auf die Bullen zu und fragen sie nach dem Grund, warum sie die Familie mit einem Bußgeld belegt haben, da die Familie alle Gesundheitsvorkehrungen getroffen hatte. Wie Mafiosi suchen sich die Biker-Bullen einen Mann aus und beginnen, ihn mit massiven Stahlknüppeln (die für Bullen illegal sind) zu verprügeln und rufen nach Verstärkung. Dutzende von Biker-Bullen erscheinen und entfesseln eine Verfolgungsjagd in der Gegend und verhaften jeden, den sie rennen sehen. Das Ergebnis war, dass 11 Personen verhaftet wurden.

  • Der Aufstieg des Rechtsextremismus innerhalb der griechischen Regierung

Selbst nach den dehnbaren Maßstäben dessen, was man früher in Griechenland als parlamentarische Demokratie bezeichnete, hat sich das rechtsgerichtete Regime, das Griechenland regiert, in nur anderthalb Jahren an der Macht allmählich in einen neofaschistischen Staat verwandelt.

Während Athen immer noch seit mehr als 4 Monaten im Lockdown ist, hat die rechte Regierung der „Neuen Demokratie“ diese Zeit genutzt, um wie eine Mafia-Organisation zu agieren und Rechnungen mit ihren vermeintlichen Feinden, der griechischen Bevölkerung, den Menschenrechten und Freiheiten, zu begleichen.

In einem gewalttätigen gesetzgeberischen Rundumschlag hat es die Regierung geschafft, einen juntaähnlichen Polizeistaat zu errichten, der den pandemischen Lockdown als Zeitraum nutzt, um Rechte und Freiheiten ohne Widerstand der Bevölkerung zu unterdrücken (da das Recht auf Protest auf unbestimmte Zeit widerrufen wurde), an dessen Zerstörung keine andere griechische Regierung auch nur gedacht hat, seit das Militärjunta-Regime in Griechenland 1974 gestürzt wurde.

Von der Einrichtung von Polizeistationen in den griechischen Universitäten über das Verbot von Versammlungen und Protesten ab einer bestimmten Personenzahl bis hin zum Verbot der Bewegungsfreiheit und der Berichterstattung von Journalist:innen und ihrem Plan, Anti-Establishment-Reden und Texte in Liedern und Kunst zu kriminalisieren, hat die ironischerweise selbsternannte Regierungspartei „Neue Demokratie“ die Einstellung von Tausenden neuer Bullen als Antwort auf alles beschlossen, sogar auf die Pandemie.


1 Gedanke zu „Athen: „Die Bullen raus aus unseren Kiezen“ – Demo im Stadtteil Nea Smyrni nach zunehmender Polizeigewalt [Video & Bericht]

  1. […] gegen Demonstrationen hat ein Niveau erreicht, wie wir es schon lange nicht mehr erlebt haben. Aber ein Wassertropfen hat das Fass zum Überlaufen gebracht: die Aggression gegen Menschen, die sic…n, unter dem Vorwand, die (in Griechenland immer noch geltende) Ausgangssperre nicht einzuhalten. Es […]

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