
Bogotá. Kolumbien. 15. Mai. 2021. Wie üblich wurde am 12. Mai eine neue Abend der Repression in der Hauptstadt des Landes, Bogotá, erlebt. In einer fast synchronen Operation wurden die verschiedenen Demonstrationspunkte von Sicherheitskräften mit brutaler Gewalt angegriffen.
Ursprünglich veröffentlicht von Colombia Informa. Übersetzt von Riot Turtle.
Der Protest, der seit 8:00 Uhr morgens im Nationalpark stattfand, verlagerte sich auf die Plaza Bolivar und hielt diese bis 18:30 Uhr permanent besetzt. Zu diesem Zeitpunkt traf die Bereitschaftspolizei (Esmad) ein und griff die Demonstrant*innen an. Danach wurde der Protest im Norden der Stadt (genauer gesagt im Portal de Suba) von der Polizei aufgelöst. Das Gleiche geschah in den Stadtteilen Portal 80 und Monumento a los Héroes. In letzterem Ort war an diesem Tag Kunst die Hauptattraktion gewesen.
Im Süden der Stadt war die Situation nicht anders. In Usme versammelten sich junge Menschen an der Puente de la Dignidad – wie der Platz im Stadtteil Santa Librada umbenannt wurde – zu einer Demonstration, die gegen 20 Uhr von der Polizei angegriffen wurde. Die Menschen, die dort waren, wurden durch die Straßen der umliegenden Stadtteile gejagt, wo Anwohner*innen berichteten, dass Schüsse zu hören waren. In der Gegend von Portal Américas schlug die Polizei die Proteste auch gegen 20:00 Uhr nieder.
El Portal Américas
Dies war einer der Punkte mit kontinuierlichen Versammlungen während dieser 18 Tage des landesweiten Streiks. Junge Menschen waren die Protagonist*innen, die auf friedliche und kreative Weise demonstrierten. Sie haben sogar den humanitären Raum Al Calor de la Olla geschaffen, der verhindern soll, dass El Portal als Zentrum von Folter und Gewalt genutzt wird.
Gegen 20:30 Uhr an diesem Abend wurden die Demonstrant*innen von der Polizei auseinandergetrieben und massiv bekämpft. Menschenrechtsverletzungen, mehrere Verletzte und illegale Polizeiaktionen waren die Folge. Inmitten der Berichterstattung vor Ort (die auf Video aufgezeichnet wurde) wurde ein junger Mann vor einem Geschäft von mehreren Polizist*innen brutal zusammengeschlagen. Die uniformierten Beamten stoppten die Aggression, als sie die Anwesenheit von Journalist*innen bemerkten, und ließen den verprügelten jungen Mann auf einer Plattform liegen.
Video: Repression gegen Demonstrant*innen von der ESMAD im Stadtteil Chicala im Süden der Hauptstadt.
Verfolgungsjagden wurden in der Gegend kontinuierlich durchgeführt. Zwischen den Häuserblocks der Stadtteile Chicalá und Villa Anita wurden die Demonstrant*innen von motorisierten Fahrzeugen in die Enge getrieben, die versuchten, jeden, der sich in der Gegend aufhielt, einzufangen, einzuschüchtern oder zu verprügeln. In dem Live-Video auf dem sozialen Netzwerk Instagram war auch zu sehen, wie die Esmad, obwohl es sich um ein Wohngebiet handelt, Tränengas und Blendgranaten abfeuerte, was zu materiellen Schäden an der Infrastruktur und der Gesundheit der Anwohner*innen führte.
Gegen Ende des Tages wurden die Schüsse aufgezeichnet, die von einem Polizeifahrzeug auf einen Demonstranten abgegeben wurden. Der Polizist drehte sich um und versuchte erneut, auf eine Gruppe von Frauen zu schießen, die sich dort befanden, aber als er sah, dass Journalist*innen vor Ort waren, sah er davon ab, sie anzugreifen. Wir erinnern daran, dass ganz in der Nähe derselben Stelle in der Nacht des 10. Mai unser Korrespondent durch einen direkten Schuss aus einem gepanzerten Polizeifahrzeug verletzt wurde.
Weibliche Menschenrechtsverteidigerinnen und Mitarbeiter*innen der Ersten Hilfe wurden auf die gleiche Weise angegriffen. Während eines Überprüfungsverfahrens eines Inhaftierten wurden sie mit Schlagstöcken, Elektroschockern und Tränengas angegriffen, wobei eine Verteidigerin an mehreren Körperteilen verletzt wurde.
Als wir uns dieser Stelle näherten, prangerten mehrere Bewohner*innen des Viertels an, dass in diesen Tagen Polizeimotorräder ohne Nummernschilder und uniformierte Beamte mit umgedrehten Jacken in der Gegend unterwegs waren. Ihrer Meinung nach verletzte die Polizei die Menschenrechte. Mitarbeiter*innen von Institutionen und Medien, die sich in der Gegend aufhielten, bestätigten die Verhaftung eines jungen Mannes.
Auf einer Pressekonferenz am 13. Mai verurteilten mehrere Menschenrechtsorganisationen, Stadträte und Stadträtinnen das Schweigen der von Claudia Lopez geleiteten Bezirksverwaltung angesichts der zahlreichen Fälle von Polizeigewalt, die sich im Zusammenhang mit dem landesweiten Streik ereignet haben.
Nach Berichten der Kampagne zur Verteidigung der Freiheit wurden allein in Bogotá zwei Menschen angeblich von der Polizei getötet (Dylan Barbosa wurde von einem Esmad-Panzer überfahren und Daniel Zapata wurde durch ein Tränengas Granate am Schädel verletzt), acht dokumentierte Fälle von Folter, Hubschrauberlandungen im Transmilenio-Portal und in der Claretinerschule in Bosa und 28 Verletzte zwischen dem 28. April und 11. Mai.