
Kasachstan. Seit dem Beginn der Proteste in Kasachstan sind erst einige Tage vergangen. Durch die Entschlossenheit der Demonstrant*innen wurden die Proteste schnell zu einer ausgewachsenen Revolution gegen das Nasarbajew/Tokajew-Regime. Es wurden Verwaltungsgebäude gestürmt, Streiks und Demonstrationen fanden im ganzen Land statt, und am Abend des 5. Januar war Almaty vollständig von der herrschenden Elite befreit.
Ursprünglich veröffentlicht von Pramen. Übersetzt von Riot Turtle.
Auf den raschen Erfolg der Demonstrant*innen reagierte Tokajew mit Erschießungen, Attentaten und dem Einmarsch des Militärs in verschiedenen Städten des Landes. In der Hoffnung, seine eigene Macht zu erhalten, begann der Diktator wieder einmal, das Blut der Bevölkerung zu vergießen. Doch die kasachische Diktatur befindet sich ebenso wie die belarussische, im Einflussbereich der russischen Politik. Deshalb war schon wenige Stunden nach der Befreiung von Almaty viel von einer Einmischung Moskaus in den Aufstand die Rede.
Zuallererst erinnerten sie sich an die OVKS, die Struktur, der die Rolle von Putins Gendarmerie vorausgesagt worden war, die bereit war, das Feuer der Befreiung in den prorussischen Diktaturen zu löschen. Das Hilfeersuchen war eine Formalität, und das schrittweise Vorgehen wurde höchstwahrscheinlich in eben diesem Telefonat zwischen Putin, Lukaschenko und Tokajew vereinbart.
Der russische Einmarsch in Kasachstan inmitten der Proteste gegen das Regime zeigt der Welt, dass Putin die OVKS-Länder als Kolonien betrachtet, in denen das von Russland abstammende System so lange bestehen wird, bis der Herr beschließt, dass es an der Zeit ist, etwas zu ändern. Während der Proteste in Belarus im Jahr 2020 befürchteten viele den Einsatz russischer Truppen zur Unterstützung Lukaschenkos. Damals kam der Diktator allein zurecht, ohne unnötige internationale Konflikte. Die Proteste der letzten Tage hätten ohne Eingreifen von außen höchstwahrscheinlich das vom Nasarbajew-Clan errichtete Regime innerhalb von Tagen oder Wochen beendet.
Doch nun wurde bereits eine Strafexpedition ins Land geholt, die genau darauf abzielt, die Diktatur zu stabilisieren. Alle Geschichten über die Wiederherstellung von Frieden und Freundschaft sind eklatante Lügen der Moskauer Propagandist*innen, die versuchen, ausländische Kräfte der Organisation von Protesten zu beschuldigen, während sie patriotische Videos von russischen Truppen auf ihrem Marsch nach Kasachstan veröffentlichen.
Von einem derartigen Kolonialkrieg sollte man in der russischen Gesellschaft nicht viel Empörung erwarten – die Repressionen gegen politische Gruppen lassen kaum Raum für die Organisation von Protesten. In Belarus ist die Situation in Bezug auf die Repression noch schwieriger. Der einzige interessante Fall ist Kirgisistan, dessen Parlament die Unterstützung der OVKS-Operation in der Region nicht genehmigt hat.
Putins Handlungen zeigen, dass er bereit ist, die diktatorischen Regime der OVKS zu unterstützen, die ihm gegenüber loyal sind. Für die einfachen Menschen in den Ländern, die für Moskau von Interesse sind, bedrohen solche Aktionen jeden Versuch, eine freie Gesellschaft aufzubauen. Das russische Imperium ist nach wie vor ein Gefängnis der Völker. Und die Befreiung Kasachstans, Belarus‘ oder anderer Regionen der ehemaligen Sowjetunion ist nicht nur eine Angelegenheit der Menschen in diesem Land, sondern aller, die in diesem Empire leben müssen.
Wir können nur hoffen, dass die kasachische Bevölkerung genügend Entschlossenheit zeigt, um nicht nur Tokajew, sondern auch Putin zu stürzen.
Pramen. 6. Januar, 2022.