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Der Berufungsprozess gegen Ella in Gießen hat begonnen

Gießen. Am 26. November 2020 fand im Dannenröder Wald die Räumung des Baumhausdorfes „Nirgendwo“ statt. Es war ein Teil der Proteste gegen das unsinnige Autobahnprojekt A 49. Dabei wurde auch Ella verhaftet und sitzt seitdem in U-Haft. Die Po­li­zei hatte den Haftbefehl mit versuchtem Totschlag begründet.

Ursprünglich veröffentlicht von Hambi Bleibt.

Am 24.6.2021 wurde Ella vom Amtsgericht Alsfeld zu zwei Jahre und drei Monate Gefängnis verurteilt. Aus dem ursprünglichen Vorwurf der Tötungsabsicht war die Verletzung eines Polizisten geworden. Es gibt zu den Geschehnissen lückenlose Videoaufnahmen, die eine völlig andere Sprache sprechen. Den entscheidenden Moment zeigen wir hier als Gif. Die Sicherung des „Klettercops“ ist kurz sichtbar hinter dem Transparent. Ella konnte sie die ganze Zeit sehen. Wer sich mit Fußballspielen ein wenig auskennt, weiß, dass ein Tritt anders aussieht. Es sieht eher so aus, als wolle Ella einen nervigen Ball wegschieben, der im Weg liegt. Wie daraus eine Verletzung wurde, bleibt ein Wunder der Medizin.

Am letzten Montag (dem 17. Januar 2022) begann vor dem hessischen Landgericht in Gießen die Berufungsverhandlung gegen Ella.

Ella erklärte in einem am selben Tag veröffentlichten Bericht (taz 17.1.2022) ihre Verweigerung, irgendwelche Einzelheiten über sich Preis zu geben: „Sie lehne es ab, sich vom Staat in Kategorien wie Geschlecht, Alter oder Herkunft einteilen zu lassen. Wichtiger sei, was die Menschen verbinde.“ Die hessischen Behörden sprechen aber von der UWP 1, d.h. „unbekannte weibliche Person 1“.

Wie auf dem Gif deutlich zu sehen ist, „tritt“ Ella in die Richtung des behelmten Kopfes, mehr als Geste („Hau ab!“) und nicht als ernsthafter (weil aussichtsloser) Versuch, sich einer Festnahme zu widersetzen. Und schon gar nicht in Tötungsabsicht, denn wie üblich war dieser „Klettercop“ gut gesichert. Wer so etwas dennoch behauptet, sägt nur an der eigenen Glaubwürdigkeit. Die „Verletzung“ als Folge einer Schreckbewegung, von der auf dem Video nichts zu sehen ist, wurde mit angeblichen Nackenschmerzen begründet.
Das kennen wir auch schon aus dem Hambi. Bei einem lebensgefährlichen Angriff eines Baggerfahrers auf einen Tripod wurde von da oben ein Gegenstand nach ihm geworfen, der von seiner Windschutzscheibe abgehalten wurde. Der Baggerfahrer empfand sich anschließend als am Nacken verletzt, weil er aus Schreck eine plötzliche Kopfbewegung gemacht hätte. De Betriebsarzt hat das dann gerne bestätigt.
In beiden Fällen scheint es kein Problem zu sein, vor Gericht schlechte Lügen zu erzählen und damit durch zu kommen.

Und dann ist da noch der Vorwurf, Ella hätte mit dem Knie gegen das Gesicht eines anderen SEK-Beamten gestoßen. Auf den lückenlosen Videoaufnahmen ist davon nichts zu sehen. Und wenn wir die Glaubwürdigkeit dieses Teams dazu ziehen, dann ist sogar die Frage, ob überhaupt eine zufällige Berührung zwischen Ellas Knie und dem Copgesicht passiert ist. Der Kenner der deutschen Justizmethoden Jörg Bergstedt sagt: „Alles, was die Polizisten vor Gericht über die Räumung gesagt haben, ist gelogen.“
Schaut euch den unten eingebetteten Dokufilm über die Lügen von Polizei und Justiz in diesem schlechten Theater an (vimeoo). Den gleichen Film könnt ihr auch eingebettet von YouTube finden, auf Wunsch mit Untertiteln in mehreren Sprachen Ella – von den Lügen einer Staatsmacht, die einschüchtern und verschleiern will. Der Film zeigt lückenlos die ganzen Ereignisse, zum wichtigen Teil wurden Aufnahmen von Polizeikameras verwendet. Die entscheidenden Szenen wurden außerdem von einer Theatergruppe in Stadtbäumen nachgestellt. Unbedingt ansehen. Triggerwarnung: Es wird gezeigt, wie Ellas Leben gefährdet wird, nicht umgekehrt wie die beteiligten Blauröcke behaupten

Was sind das für Behörden, die nicht mal rot werden wenn sie lügen, obwohl Videos für jede Behauptung das Gegenteil beweisen? Die Nazi-Chatgruppen, auch in Frankfurt, auch beim SEK, als Einzelfälle bezeichnen und nicht als Systembedingt, die es Selbstmord nennen, wenn festgebundene Verhaftete in ihren Zellen verbrennen? Wie kann es sein, dass fast alle Anzeigen gegen Polizeigewalt im Sande verlaufen und oft zur Einschüchterung mit einer Gegenanzeige enden? Wir könnten die Liste unendlich fortführen, allein schon für unseren Hambacher Wald. Der Film erinnert auch daran.
Das heißt nicht, dass es nicht auch menschenfreundliche Beamten bei der Polizei gibt. Leider werden diese allerdings zu oft versetzt, von Kolleg*innen eingeschüchtert oder als verrückt oder alkoholabhängig diffamiert, wenn sie gegen Gewalt in den eigenen Reihen aussagen wollen. Also halten sie besser den Mund.
Und was ist eigentlich mit der Justiz? Es hat lange gedauert, bis nach dem Krieg die Nazis in Richterrobe verschwunden waren. Nicht weil das Nachkriegsdeutschland sie nicht mehr haben wollte. Sie sind einfach irgendwann in Rente gegangen. Einer wurde stattdessen Ministerpräsident. Sind da inzwischen die Menschenfreundlichen auf de Vormarsch? Die Besetzung war juristisch eine nicht aufgelöste Versammlung, das defensive Verhalten von Ella gegen ihre lebensbedrohende Verhaftung darf allein schon daher nicht bestraft werden. Das Amtsgericht Alsfeld hat das Recht verdreht – wie im Video einleuchtend und juristisch stichhaltig gezeigt wird, bestätigt von anderen Urteilen in ähnlichen Fällen. Denn bei manchen Gerichten scheint sich etwas zu tun, obwohl das noch lange nicht heißt, dass da inzwischen welche „Power to the People!“ rufen.

Hoffen wir für Ella, dass die Berufungsinstanz, die den Fall momentan behandelt, ein Einsehen hat.

Und bis dahin: schreibt Ella! Informationen dazu auf
Haftunterstützung Hessen – Prison Support in Hessen

Für mehr Hintergründe: Berichterstattung der taz über den Dannenröder Wald


Um diese Sekunden (GIF Bild Oben) geht es im Prozess. Die Sicherung des „Klettercops“ ist kurz sichtbar hinter dem Transparent. Ella konnte sie die ganze Zeit sehen. Wer sich mit Fußballspielen ein wenig auskennt, weiß, dass ein Tritt anders aussieht. Es sieht eher so aus, als wolle Ella einen Ball wegschieben, der im Weg liegt. Es war aber kein Ball, sondern ein Polizist, der ständig an ihr zog und auch sonst ihr Leben in Gefahr brachte. Für mehr schockierende Details, siehe das Video. Solltest du es lieber mit Untertiteln sehen, dann gehe zu YouTube:


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