
Seit dem 11. März hat Chile einen linksgerichteten Präsidenten: Gabriel Boric. Boric versprach eine feministische Regierung. Aber kann es tatsächlich eine gewählte feministische Regierung im chilenischen Staat geben?
Ursprünglich veröffentlicht von Vamos Hacia La Vida. Übersetzt von Riot Turtle.
Arbeiter*innen brennen ihre Fabriken nieder oder sprengen sie in die Luft und fordern Abfindungen, anstatt für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze zu kämpfen. Student*innen besetzen Universitäten, aber gegen und nicht im Namen der Forderungen, für die sie angeblich kämpfen. Frauen brechen mit Bewegungen, in denen sie bereits die Mehrheit bilden, da diese Bewegungen sie zwangsläufig nicht repräsentieren können.
Maya González und Jeanne Neton (Endnotes Kollektiv), Vergemeinschaftung und die Abschaffung der Geschlechter
Der Aufstieg der Sozialdemokratie zur Staatsführung hat verschiedene Teile der sozialen Bewegung verwirrt, und sie haben sich Illusionen über die künftige Regierung gemacht und sich ihrer Agenda und ihrem Zeitplan untergeordnet: Leider war ein bedeutender Teil des Feminismus da keine Ausnahme. Viele haben volles Vertrauen, dass die bestehenden staatlichen Institutionen uns die radikalen Veränderungen bringen werden, die wir nicht nur als unterdrückte und doppelt ausgebeutete Frauen, sondern auch als menschliche Spezies dringend brauchen. Ein großer Teil davon hat alles auf die systemeigenen Instrumente der demokratischen Beteiligung gesetzt, von den Wahlen über den Verfassungskonvent bis hin zur Regieren des Staates selbst – als ob der Staat im Kern nicht patriarchalisch wäre! So bewegt sich ein großer Teil der starken Frauenbewegung zugunsten des Staates und des Kapitals und gibt die Selbstorganisation, die Autonomie und die Unabhängigkeit auf, die so notwendig sind, um unsere historischen Forderungen voranzubringen, die von Boric verharmlost und lächerlich gemacht wurden, als er vor einigen Tagen öffentlich erklärte, dass „seine Regierung feministisch sein wird“: ein perfekter Widerspruch in sich.
Frauen, Feminist*innen und Antikapitalist*innen sollten darauf abzielen, unseren Zustand der Ausbeutung, der Unterdrückung und der Sklaverei vollständig abzuschaffen: Es kann kein Ende des Elends geben, das Frauen oder irgendjemand anderes unter diesem Warenreproduktionssystem erfahren, das die patriarchalische Ordnung vertieft und uns immer mehr in eine prekäre Lage bringt. Deshalb ist der antipatriarchale Kampf untrennbar mit dem antikapitalistischen Kampf verbunden: Nur wenn wir verweigern, was wir gezwungen sind zu sein und zu tun, werden wir wirklich frei sein.
Die Zerstörung der fiktiven Trennung zwischen öffentlich und privat, die der Trennung des Lebens und der Naturalisierung einer vermeintlichen Minderwertigkeit von Frauen – und anderen nicht-männlichen Identitäten – dient, ist für unsere Befreiung unerlässlich. Wir wollen keine „Gleichheit“, wir wollen auch keine Führungspositionen in der Verwaltung dieser verkommenen Gesellschaft, wir wollen einem Dasein ein Ende setzen, das der Zeit und der Logik der Produktion und des Geldes unterworfen ist, entsprechend unserem Geschlecht und zum Nutzen des Staates/Kapitals.
Der Staat wird patriarchale Gewalt nicht beseitigen, denn der Staat ist organisierte patriarchale Gewalt. Aus diesem Grund laden wir euch ein, im Alltag – dem Ort, an dem sich das soziale Leben reproduziert – jene Verbindungen und Beziehungen aufzubauen, die die Spaltungen, die uns zerstören, aufbrechen und überwinden werden. Vom Staat zu verlangen, dass er dies tut, sowie unsere Aktivitäten zu delegieren und uns in den Hintergrund drängen zu lassen – wie es schon immer der Fall war – ist absurd.
Nieder mit Patriarchat, Kapital und Staat!