
Ein kurzer Text über informelle Organisation von Alfredo M. Bonanno.
Ursprünglich veröffentlicht von Anarchismo, n. 47, 1985. Online von The Anarchist Library. Geschrieben durch Alfredo M. Bonanno. Übersetzt von Riot Turtle.
Informelle Organisation
Zunächst wollen wir die informelle anarchistische Organisation von der anarchistischen Organisation der Synthese unterscheiden. Aus dieser Unterscheidung ergibt sich eine wesentliche Klärung.
Was ist eine anarchistische Organisation der Synthese? Es ist eine Organisation, die auf Gruppen oder Einzelpersonen basiert, die mehr oder weniger in ständiger Beziehung zueinander stehen, und die in periodischen Kongressen gipfelt. Während dieser offenen Treffen werden grundlegende theoretische Analysen diskutiert, ein Programm vorbereitet und Aufgaben verteilt, die eine ganze Reihe von Interventionen im sozialen Bereich umfassen. Die Organisation stellt sich so als Bezugspunkt dar, wie eine Instanz, die in der Lage ist, die Kämpfe, die in der Realität des Klassenkampfes stattfinden, zu bündeln. Die verschiedenen Kommissionen dieses Organisationsmodells intervenieren in verschiedenen Kämpfen (als einzelne Genoss:innen oder Gruppen) und geben durch ihr Eingreifen ihren Beitrag in der ersten Person, ohne jedoch die theoretische und praktische Ausrichtung der Organisation als Ganzes aus den Augen zu verlieren, wie auf dem letzten Kongress (oder Plenum, Enough 14) beschlossen.
Wenn diese Art von Organisation sich voll entwickelt (wie es in Spanien ’36 geschah), beginnt sie in gefährlicher Weise einer Partei zu ähneln. Die Synthese wird zur Kontrolle. Natürlich ist diese Entwicklung in Momenten der Flaute weniger sichtbar und könnte sogar wie eine Beleidigung wirken, aber zu anderen Zeiten wird sie deutlicher.
Im Wesentlichen arbeitet in der Organisation der Synthese (immer spezifisch und anarchistisch) ein Kern von Spezialist:innen Vorschläge sowohl auf theoretischer als auch auf ideologischer Ebene aus und passt sie so weit wie möglich an das Programm an, das auf den periodischen Kongressen grob beschlossen wird. Die Abweichung von diesem Programm kann auch beträchtlich sein (schließlich würden Anarchist:innen niemals zugeben, dass sie sich zu sklavisch an irgendetwas halten), aber wenn dies geschieht, wird darauf geachtet, innerhalb kürzester Zeit zu der zuvor beschlossenen Linie zurückzukehren.
Das Projekt dieser Organisation besteht also darin, in verschiedenen Situationen präsent zu sein: Antimilitarismus, Atomkraft, Gewerkschaften, Gefängnisse, Ökologie, Interventionen in Wohngebieten, Erwerbslosigkeit, Schulen, usw. Diese Präsenz erfolgt entweder durch direkte Intervention oder durch die Teilnahme an Interventionen, die von anderen Genoss:innen oder Organisationen (anarchistisch oder nicht) organisiert werden.
Es wird deutlich, dass die Beteiligung, die darauf abzielt, den Kampf in das Projekt der Synthese zu bringen, nicht autonom sein kann. Sie kann sich nicht wirklich an die Bedingungen des Kampfes anpassen oder effektiv in einem klaren Plan mit den anderen revolutionären Kräften zusammenarbeiten. Diese Situation, die nicht immer so starr ist, wie es hier den Anschein hat, birgt die unauslöschliche Tendenz der Organisationen der Synthese, die Kämpfe auf die Ebene der Basis zu ziehen, indem sie Behutsamkeit vorschlagen und Kunstgriffe anwenden, die darauf abzielen, jede Flucht nach vorn, jedes zu offene Ziel oder Mittel, das gefährlich sein könnte, zu minimieren.
Wenn zum Beispiel eine Gruppe, die zu dieser Art von Organisation (der Synthese, aber immer anarchistisch und spezifisch) gehört, sich einer Struktur anschließen würde, die, sagen wir, gegen die Repression kämpft, wäre sie gezwungen, die von dieser Struktur vorgeschlagenen Aktionen im Lichte der Analysen zu betrachten, die auf dem Kongress grob angenommen wurden. Die Struktur müsste entweder diese Analysen akzeptieren, oder die Gruppe, die zur Organisation der Synthese gehört, würde ihre Zusammenarbeit einstellen (wenn sie in der Minderheit ist) oder den Ausschluss (in der Tat, wenn auch nicht mit einem präzisen Antrag) derjenigen erzwingen, die andere Methoden des Kampfes vorschlagen. Einigen mag das nicht gefallen, aber genau so funktionieren die Dinge. Man könnte sich fragen, warum um alles in der Welt der Vorschlag der Gruppe, die zur Organisation der Synthese gehört, per Definition immer rückständiger sein muss, d.h. in der Nachhut, oder vorsichtiger als andere, was mögliche Angriffsaktionen gegen die Strukturen der Repression und des gesellschaftlichen Konsenses angeht. Warum ist das so? Die Antwort ist einfach. Die spezifisch anarchistische Organisation der Synthese, die, wie wir gesehen haben, in periodischen Kongressen gipfelt, hat Wachstum in Zahlen als ihr grundlegendes Ziel. Sie braucht eine operative Kraft, die wachsen muss. Nicht unbedingt ins Unendliche, aber fast. Im gegenteiligen Fall hätte sie weder die Fähigkeit, in die verschiedenen Kämpfe einzugreifen, noch wäre sie in der Lage, ihre eigene Hauptaufgabe zu erfüllen: das Streben nach Synthese in einem einzigen Bezugspunkt. Nun muss eine Organisation, deren Hauptziel das Wachstum an Mitglieder:innen ist, Instrumente einsetzen, die Proselytismus (Bekehrung, in diesem Fall Überzeugungsarbeit, Enough 14) und Pluralismus garantieren. Sie kann keine klare Position zu einem bestimmten Problem einnehmen, sondern muss immer einen Mittelweg finden, einen politischen Weg, der die wenigsten verärgert und sich für die meisten als akzeptabel erweist.
Die richtige Position in Bezug auf einige Probleme, insbesondere Repression und Knäste, ist oft die gefährlichste, und keine Gruppe kann die Organisation, der sie angehört, in Gefahr bringen, ohne sich vorher mit den anderen Mitgliedsgruppen zu einigen. Aber das kann nur im Kongress oder zumindest auf einer außerordentlichen Sitzung geschehen, und wir alle wissen, dass sich bei solchen Gelegenheiten immer die gemäßigtste Meinung durchsetzt, sicher nicht die fortschrittlichste.
So wird die Präsenz der Organisation der Synthese in tatsächlichen Kämpfen, Kämpfen, die das Wesen des Klassenkampfes erreichen, unausweichlich zu einer Bremse und Kontrolle (oft unfreiwillig, aber es ist immer noch eine Frage der Kontrolle).
In der informellen Organisation gibt es solche Probleme nicht. Affinitätsgruppen und Genoss:innen, die sich in einer informellen Art von Projektualität sehen, kommen in der Aktion zusammen, sicher nicht durch das Festhalten an einem Programm, das auf einem Kongress festgelegt wurde. Sie realisieren das Projekt selbst, in ihren Analysen und Aktionen. Es kann gelegentlich einen Bezugspunkt in einem Papier oder einer Reihe von Treffen haben, aber nur, um die Dinge zu erleichtern, während dies nichts mit Kongressen und dergleichen zu tun hat. Die Genoss:innen, die sich in einer informellen Organisation wiedererkennen, sind automatisch ein Teil von ihr. Sie halten den Kontakt zu den anderen Genoss:innen durch eine Zeitung oder auf andere Weise aufrecht, aber, was noch wichtiger ist, sie tun es, indem sie an den verschiedenen Aktionen, Demonstrationen, Begegnungen usw., die von Zeit zu Zeit stattfinden, teilnehmen. Die hauptsächliche Überprüfung und Analyse findet also in Momenten des Kampfes statt. Am Anfang sind das vielleicht nur Momente der theoretischen Überprüfung, die sich später weiterentwickeln.
In einer informellen Organisation gibt es keine Frage der Synthese. Es besteht kein Wunsch, in allen verschiedenen Situationen präsent zu sein und noch weniger, ein Projekt zu formulieren, das die Kämpfe in die Tiefe eines im Voraus genehmigten Programms führt.
Die einzigen konstanten Bezugspunkte sind aufständische Methoden: also Selbstorganisation der Kämpfe, permanente Konfliktualität und Angriff.
Alfredo M. Bonanno, 1985
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