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Warum wählen? – Von Renzo Connors

Warum wählen? Übersetzung eines Beitrags in El Errante, spanischsprachige anarchisch-individualistische Zeitschrift, Ausgabe 13.

Ursprünglich veröffentlicht in El Errante, spanischsprachige anarchisch-individualistische Zeitschrift, Ausgabe 13. Geschrieben von Renzo Connors. Übersetzt von Riot Turtle.

„Wenn Wahlen etwas ändern würden, wären sie verboten“.

Emma Goldman

„Menschen haben nur so viel Freiheit, wie sie an Intelligenz haben, um sie zu wollen, und den Mut, sie sich zu nehmen.“

Emma Goldman

Ich bin gegen den Staat und alle seine Institutionen, einschließlich der Institution der repräsentativen Demokratie. Ich möchte, dass diese Institutionen vollständig zerstört und abgeschafft werden. Sie sind Werkzeuge der Sklaverei, die von der Elite benutzt werden, um alle anderen zu befrieden und zu domestizieren. Die Illusion, Hoffnung auf eine „demokratisch“ gewählte neue Regierung und Parlamentsvertreter*innen zu haben, ist eine gefährliche Täuschung, die dazu beiträgt, dieses mörderische und grausame System zu verwalten und aufrechtzuerhalten.

Die Theorie der taktischen Stimmabgabe, mit der einige Anarchist*innen hausieren gehen, trägt nur dazu bei, genau diese staatlichen Institutionen zu reproduzieren, die Anarchist*innen schon immer zerstören wollten. Ich würde niemals bei einer Wahl wählen, egal ob es sich um einen linken oder rechten Politiker*in handelt. Ihre Ziele sind die gleichen, sie wollen die Macht, um ihre Ideologie durchzusetzen. Warum sollte ich mich an etwas beteiligen, das ich ablehne (d.h. die repräsentative Demokratie)? Keiner kann mich und meine Wünsche und Bedürfnisse wirklich vertreten. Wie alle Individuen kann nur ich selbst wissen, was meine Wünsche und Bedürfnisse sind. Kein Politiker*in wird mir wirklich den Rücken stärken. Ihr Hauptinteresse gilt sich selbst und (oder) ihrer Partei, was sie erreichen können, welche Unterstützung sie gewinnen können und wie sie ihre Karriere aufbauen können. Politiker*innen haben immer einen Hintergedanken.

Alle, die bei Wahlen antreten, wollen Macht über die Menschen ausüben, ob zum Guten oder zum Schlechten. Ich möchte Freiheit und Autonomie über mein eigenes Leben, und ich möchte auch, dass jede(r) diese Freiheit hat und sein Leben so leben kann, wie er/sie möchte. Indem ich wähle und an diesen unterdrückerischen Institutionen teilnehme, würde ich meine individuelle Autonomie an jemand anderen abgeben und ihn/sie Entscheidungen treffen lassen, die mein Leben beeinflussen werden.

Es ist ziemlich klar, dass man keinem Politiker*in trauen kann. Viele Menschen sind dieser Ansicht und machen sich nicht die Mühe, an den Wahlen teilzunehmen. Aber trotz des Pessimismus nehmen viele daran teil.

Politiker*innen machen Deals, machen Politik, ohne ihre Wähler*innen zu konsultieren. Der Verkauf von öffentlichem Land in ganz Irland (und andere Länder wie z.B. die BRD, Enough 14) an Bauträger ist ein ziemlich deutliches Beispiel. Niemand wurde jemals darüber informiert oder nach seiner Meinung gefragt, warum der Staat und die Kommunen den Bau von Sozialwohnungen einstellen. In den letzten zehn Jahren haben die verschiedenen Regierungen unter Fianna Fail, Fine Gael, der Labour Party und die Grünen Ressourcen in öffentlichem Besitz verkauft, und auch hier wurde niemand gefragt, ob er/sie damit einverstanden ist oder nicht.

Was die sozialistischen und linken Parteien betrifft, so hatten sie nicht die Gelegenheit, die Menschen so sehr zu verarschen wie die oben genannten Parteien. Aber trotzdem haben sie es geschafft, die Menschen zu verarschen. Sie halten absichtlich Informationen zurück, die sie von ihren Berater**innen erhalten haben, und machen sie nur dann öffentlich, wenn es ihnen passt. Sie unterwandern und manipulieren die Kämpfe an der Basis, um ihre eigenen Ziele zu erreichen. Das deutlichste Beispiel dafür ist die Wohnraumkampagne „Raise the Roof“. Die linken Gruppen bildeten eine Koalition mit der Labor Party (die eine wichtige Rolle bei der so genannten Wohnungskrise spielte und viele neoliberale Maßnahmen umsetzte, an denen viele Menschen buchstäblich gestorben sind) und den Gewerkschaften (die dafür bekannt sind, Kämpfe zu verraten). Auf die Frage, ob sie sich mit der Labour Party zusammentun, waren die Linken ausweichend und unehrlich. Die linken Gruppen haben bewiesen, dass man ihnen nicht trauen kann.

Wie der Linken kann man auch der extremen Rechten offensichtlich nicht trauen. Sie wollen eine Politik umsetzen, die die bereits ausgegrenzten Menschen in dieser Gesellschaft weiter ausschließt. Die extreme Rechte ist rassistisch, gegen LGBTQ, gegen Einwanderung und sogar auf bizarre Weise gegen Einhörner. Sie gehen mit völlig verrückten Verschwörungstheorien hausieren, von Chemtrail-Gedankenkontrolle bis hin zur kommenden „Massenmigration“, die die „irische Kultur“ zerstören wird. Sie wollen eine Welt der Ausgrenzung und Lager für alle, die nicht zu ihnen gehören oder in ihre Vorstellung davon passen, wer und was in der Gesellschaft akzeptabel ist.

Aber was ist mit der Macht, durch Volksentscheide positive Veränderungen zu bewirken? Volksentscheide sind ebenso eine Illusion des Staates wie die Wahl von Stadträten und der Wechsel von Regierungen. Auf der einen Seite können Rechte vom Staat gewährt und legalisiert werden. Andererseits werden, während ein Recht gewonnen wird, viele andere weggenommen oder gar nicht erst eingeführt. Volksentscheide nähren die Illusion, dass wir alle ein Mitspracherecht bei der Gestaltung unseres Lebens haben, dass der Staat tatsächlich funktioniert.

Alle Staaten sind unterdrückerisch, ob demokratisch, diktatorisch, rot, grün oder faschistisch. Staaten und Regierungen dienen dazu, das Leben der Menschen zu kontrollieren und zu reglementieren. Sie geben den Menschen ausgewählte Optionen, aus denen sie wählen können, was akzeptabel ist oder nicht. Alle Regierungen, Parteien und Politiker*innen behaupten, dass sie für ein höheres Gut kämpfen. Aber für wen ist dieses höhere Gut?

Renzo Connors


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