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Ich werde nicht applaudieren

Ein kurzer Text aus Frankreich über den Applaus in Zeiten des Coronavirus: „Ich werde nicht applaudieren.“

Ursprünglich von Paris-Luttes veröffentlicht. Übersetzt von Enough 14.

Ich werde für die Katastrophe nicht applaudieren.

Das Spektakel ist vorbei und hat doch nie begonnen.

Ich werde nicht mit denen applaudieren, die alles, was wir sind, alles, was uns am meisten am Herzen
liegt, zerstört haben.

Diesen Beifall werde Ich den Diktaturen, dem Hass und den Soldaten überlassen.

Dies sind Männer und Frauen, keine Krieger*innen, dies sind Menschen, die ihre Arbeit tun.

Wir schulden ihnen viel. Viel mehr als nur Applaus.

Wir schulden ihnen das Leben, wir schulden ihnen Hoffnung. Wir schulden ihnen eine andere Zukunft…

Es geht nicht mehr länger um Paraden hinter Ballons und selbst ernannten Führern.

Es geht um das Leben, um den erbitterten Kampf, es zu retten, es den Mördern, die uns regieren, zu entreißen.

Der Krieg gehört den Mächtigen, der Kampf den Unterdrückten.

Ich werde der Barbarei in Aktion nicht applaudieren, aber ich werde mich auch nicht von denen lossagen, die applaudieren.

Unsere Nachbar*innen, unsere Freund*innen, unsere Gefährten*innen, überall auf der Welt.

Es geht nicht darum, zu spalten, es geht darum, sich nicht von ihren Worten, ihren Befehlen und ihren Helden verwirren zu lassen.

Ich kann nicht Bravo sagen zu einer Frau oder einem Mann, die den Tod ankündigt und gleichzeitig ein Leben rettet.

Alles was ich tun kann, ist zu schweigen und meinen Zorn in Schach zu halten. Um ihn effektiver zu teilen.

Ich verstehe Hilflosigkeit, ich verstehe Unsicherheit, Angst.

Ich verstehe den Beifall in seiner zerbrechlichsten Form.

Was Ich nicht verstehen werde ist Feigheit.

Ich werde das Danach nicht verstehen, denn es wird kein Danach geben, es darf kein Danach geben. Wir brauchen kein Danach, wir brauchen die Ewigkeit.

Immer daran denken, immer davon träumen, immer dabei zuhören, sie immer in die Knie zwingen.

Und zwar alle.

Einer nach dem anderen und sagen: „(…) Niemand wird jemals frei sein, solange es Plagen gibt“ [1].

F., April, 15, 2020

Anmerkungen

[1] Albert Camus in Die Pest.



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