
Ein Text von Tomás Ibáñez. Sozialaktivist und Autor von Anarchismus ist Bewegung.
Ursprünglich veröffentlicht in DIY Culture Nr. 6. (Dort gibt es die komplette Ausgabe von DIY Culture No. 6 zum Download. (Englisch). Geschrieben von Tomás Ibáñez. Übersetzt von Enough 14.
So wie die Regierungen aus dieser Situation lernen, müssen auch wir lernen. Wir müssen dem Lernen Vorrang vor dem Weitermachen mit demselben zwanghaften und sich wiederholenden Verhalten einräumen. Es ist offensichtlich, dass diese Pandemie vorübergehen wird, aber es ist auch klar, dass viele andere in der Zukunft kommen werden. Es ist vernünftig anzunehmen, dass das biologische Risiko eine größere Bedrohung für das Überleben der Menschheit darstellt als, (ohne vernachlässigbar zu sein), die viel
diskutierten ökologischen Risiken.
Im Moment dient dieser Virus als großer Test für eine massive Kontrolle der Bevölkerung, die allmählich über uns hereinbricht und welche für eine neue Art der staatlichen Kontrolle charakteristisch ist. Zu dem biologischen Risiko, das das physische Überleben der Menschheit bedroht, kommt also noch ein totalitäres Risiko hinzu, das das Überleben der Praktiken der Freiheit bedroht, die wir als Menschen noch ausüben können.
Dieses Versuchsfeld zeigt das, wie Byun-Chul Han in einem Artikel sagt, der unbedingt zu lesen ist:
„Epidemien werden nicht nur von Virologen und Epidemiologen, sondern vor allem auch von Informatikern und Makrodatenspezialisten bekämpft…“.
Die Wirksamkeit, mit der in China die Epidemie von COVID-19 bekämpft wurde, sendet eine Botschaft an alle Regierungen der Welt
die Förderung der Einrichtung einer neuen Art der Bevölkerungskontrolle.
„In China gibt es 200 Millionen Überwachungskameras, viele von ihnen sind mit einer sehr effizienten Gesichtserkennungstechnik ausgestattet. Diese mit künstlicher Intelligenz ausgestatteten Kameras können alle Bürger*Innen im öffentlichen Raum, in Geschäften, auf den Straßen, in Bahnhöfen und auf Flughäfen beobachten und auswerten. Wenn jemand den Bahnhof in Beijing verlässt, wird er*/sie* automatisch von einer Kamera erfasst, die seine*/ihre* Körpertemperatur misst. Wenn die Temperatur nicht normal ist, erhält jede*r, der im gleichen Waggon/Abteil sitzt, eine Benachrichtigung auf seinem*/ihrem* Mobiltelefon. Es überrascht nicht, dass das System weiss, wer wo im Zug gesessen hat.
Tausende von digitalen Ermittlungsteams wurden in Wuhan gebildet, um allein auf der Grundlage technischer Daten nach potenziell infizierten Personen zu suchen. Mit Hilfe der Makrodatenanalyse finden sie heraus, wer potenziell infiziert ist, wer weiter beobachtet und eventuell unter Quarantäne gestellt werden muss. Der Staat weiß, wo ich bin, mit wem ich zusammen bin, was ich tue, was ich suche, was ich denke, was ich esse, was ich kaufe, wohin ich gehe. Es ist möglich, dass der Staat in Zukunft auch Körpertemperatur, Gewicht, Blutzuckerspiegel usw. kontrollieren wird. Eine digitale Biopolitik
die mit der digitalen Psychopolitik einhergeht, welche Menschen aktiv kontrolliert“.
Der neue Totalitarismus, der installiert wird und dem Ereignisse wie das von COVID-19 Flügel verleihen, ist ein Feind, vor dem wir sehr auf der Hut sein müssen. Wir wollen angesichts staatlicher Herrschafts- und Unterdrückungsapparate nicht endgültig entwaffnet werden.
Wenn COVID-19 uns hilft, uns dieses neuen Totalitarismustyps bewusst zu werden, bevor es zu spät ist (es bleibt nur noch wenig Zeit), und uns in die Lage versetzt, Druck auf unsere Regierungen auszuüben, damit sie uns die Freiheit zurückgeben, die sie uns genommen haben, erst dann, werden wir aus dieser Erfahrung etwas gelernt haben.
Tomás Ibáñez
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