
Athen. Griechenland. Die in Exarcheia ansässige anarchistische Gruppe Obsidian veröffentlichte einen Aufruf für den 6. Dezember, dem Gedenktag für Alexis Grigoropoulos. Es ist ein Aufruf zu Ungehorsam, Freiheit, Menschlichkeit und dem hinterlistigen Wunsch, die gegenwärtige Ordnung zu beenden. Die Genoss:innen blicken auf einen Winter der Anarchie. Ein Aufruf, der weltweit beantwortet werden könnte…
Ursprünglich veröffentlicht auf Athens Indymedia. Abbildung: Archivbild, Athen, 6. Dezember 2017. Aus dem englischen Übersetzt von Enough14.
Aufruf: 6. Dezember. Winter.
Ungehorsam kennt die “ Zeit zum Handeln “ nicht, er lebt in Momenten, in denen der Einzelne nach einer größeren Freiheit greift. Eine Freiheit, die sich durch jenen Kampf definiert, Zeit und Raum jenseits gesellschaftlicher Zwänge zu erobern. Eine Reaktion auf die gegenwärtige Ordnung, gegen eine passive Gesellschaft und zur Förderung unseres individuellen Verlangens. Nicht mehr und nicht weniger. Heutzutage wird viel zu wenig über Ungehorsam gesprochen.
Ungehorsam ist immer persönlich und oft spontan, auch wenn er kollektiv ausgeführt wird. Ungehorsam ist in seinem Kern eine anarchistische Aktion, welche die gegenwärtige Ordnung angreift und diese niemals unterstützt. Wir sollten erwarten, dass der Ungehorsam und seine Zelebrierung mit der Unterdrückung des Individuums zunimmt, und genau dies geschieht im Moment.
Was ist mit dieser beispiellosen Unterdrückung? In einem Rausch wenden sich die Anhänger:innen der Gesellschaft und ihre Herrschenden einem dystopischen Autoritarismus zu, welche von den treuen, reaktionären, nationalen Soldaten, der Polizei, gestützt wird. So etwas nennen Sie Fortschritt!
Im Laufe der Menschheitsgeschichte ist der Fortschritt eine Geschichte von Fehlstarts, Sackgassen und von Ideen, die ihren Zweck erfüllt haben. Im schlimmsten Fall ist der Fortschritt ein Weg, welcher die Menschheit in Richtung ihrer Auslöschung führt.
Das Aufkommen der Industriellen Revolution entstand aus dem Krieg gegen die freie Zeit und den offenen Raum, dem Kapitalismus. Im Kern war die vorherrschende Situation immer anti-menschlich, sie hat sich durch schnelle und jetzt abnehmende Profite über Wasser gehalten.
Da diese Zugewinne nun weg sind, steht die Menschheit vor einer Katastrophe. Wir wollen uns nicht auf mögliche Berührungspunkte mit der denkbaren Zukunft konzentrieren. Wir sind uns des bedeutenden Augenblicks, in dem wir uns befinden, sehr wohl bewusst. Wir sollten jedoch bedenken, dass der Kapitalismus immer gezwungen war, in denselben Krieg zu verfallen, mit welchem er auch begonnen hat. Jenem Krieg, dem sich unser Ungehorsam stellt, ein Kampf um unsere Zeit und unseren Raum, um frei zu leben.
In Zeiten des extremen Autoritarismus hat der Ungehorsam einen unermesslichen Wert, da seine Fähigkeit, unsere Verlangen zu fördern, immer größer wird. Wir ersehnen den Ungehorsam.
Für Freiheit, Menschlichkeit und den hinterhältigen Wunsch, die gegenwärtige Ordnung zu beenden.
Möge jeder Akt der Repression, mit dem wir konfrontiert werden, endlosen teuflischen Widerstand hervorbringen.
Mit Blick auf einen Winter der Anarchie.
Obsidian, 27. November 2020
Wir haben zwei Solidaritäts-T-Shirts (Bilder unten) für das Enough Info-Café entworfen. Ihr könnt die Enough Info-Café-Solidaritäts-T-Shirts hier bestellen: https://enoughisenough14.org/product/t-shirt-wir-werden-nicht-zur-normalitat-zuruckkehren-schwarz/ und https://enoughisenough14.org/product/t-shirt-wir-sind-ein-bild-aus-der-zukunft-schwarz/