
Griechenland. Die soziale Bewegung sieht sich starker polizeilicher Repression ausgesetzt und würdigt den Widerstand gegen das „Globale Sicherheitsgesetz“ in Frankreich.
Ursprünglich veröffentlicht von Blog YY. Geschrieben von Yannis Youlountas. Übersetzt von Enough 14.
Heute Abend (6. Dezember, 2020, Enough 14)wird das Exarcheia-Viertel von einer Flut von Waffen und Uniformen heimgesucht. Um jegliche Revolte zu verhindern, hat der griechische Staat ein regelrechtes Armee von Bullen aufgestellt, das von zwei Hubschraubern und mehreren Drohnen unterstützt wird. Hier und da sind Schreie zu hören, und es kommt zu Explosionen. Ein unbewohntes Gebäude steht in Flammen. Seit einem Jahr versucht die griechische Polizei, das Viertel zu schwächen, indem sie viele besetzte Häuser räumt, aber einige leisten immer noch Widerstand, vor allem Notara 26 und K*Vox. Seit heute Morgen hat die neue Polizeiaktion jedoch ein noch nie dagewesenes Ausmaß erreicht. Nicht nur zahlenmäßig, sondern auch in Bezug auf besonders schockierende Handlungen.
Am Jahrestag der Ermordung des jungen Anarchisten Alexis Grigoropoulos durch einen Polizisten in Exarcheia am 6. Dezember 2008, hinderten uns die Ordnungskräfte der Herrschenden zunächst daran, uns an den Ort der Gedenkstätte zu begeben, wo sich die Gedenktafel befindet, wo er im Alter von fünfzehn Jahren ermordet wurde! Schlimmer noch: Dutzende von Menschen wurden verhaftet, weil sie versuchten, zu passieren. In wenigen Stunden werden mehr als 160 verhaftungen gezählt! Einer der Bullen riss sogar einen Rosenstrauß ab, der am Tatort zurückgelassen worden war, bevor er ihn vor laufender Kamera zerstörte. Das Filmmaterial fand schnell seinen Weg durch Griechenland und verursachte heute Abend bereits einen Skandal (2. Tweet unten, Enough 14).
Darüber hinaus wurden Journalist:innen daran gehindert, weiterhin im Viertel zu filmen, und sie wurden so weit wie möglich von „Polizeieinsätzen“ ferngehalten. Einige mussten mit ansehen, wie ihre Ausrüstung beschädigt wurde, andere wurden gewaltsam verdrängt, darunter meine Freunde, die freiberuflichen Journalisten Alexandros Katsis und Mario Lolos (Der einige der Bilder in diesem Artikel gemacht hat), manchmal mit Schlagstöcken!
Die Dutzenden verhafteten Gefährt:innen und Genoss:innen senkten den Kopf nicht und hoben, wer konnte, im Einvernehmen mit der schockierten, aber standhaften Menge die Fäuste.
Wieder einmal wurden unter den „Truppen“, die geschickt worden waren, um einen “ Revolte vom 6. Dezember“ zu verhindern, offen neonazistische Polizeibeamte gesichtet (siehe Bilder unten mit den Erkennungszeichen auf ihren Helmen).
Nichts Neues unter der Sonne: Der Faschismus bleibt der eifrige Hüter des Kapitalismus. Sie stellt keine wirkliche Opposition zum gegenwärtigen politischen und wirtschaftlichen System dar. Im Gegenteil: Sie ist in jeder Krisensituation die ultimative Stufe, im Zuge autoritärer Exzesse.
Heute ist es niemandem gelungen, unkontrolliert in Exarcheia zu gelangen, nicht einmal Taxis! In Athen sind 31 Metrostationen geschlossen worden! Mehrere Stellen wurden blockiert, manchmal mit Aktivist:innen drinnen, ohne Wasser und Nahrung während des ganzen Tages. Gefährt:innen wurden im Stadtteil von Polizeikräften gejagt, die es wagten, ihre Granaten in einem Gebäude explodieren zu lassen und dabei riskierten, die Zielpersonen zu töten.
Angesichts dieses schwierigen Jahrestages wollten einige schon zwei Tage vorher, am 4. Dezember, demonstrieren, aber auch das war sehr schwierig, vor allem vor dem Parlament, auf dem Syntagma-Platz.
Gleichzeitig hat die Gruppe Rouvikonas an fünf Orten der Macht Vergeltungsmaßnahmen gegen die Politik der Regierung ergriffen, insbesondere gegen die Behandlung von Konkursen und katastrophalen Situationen, die durch die aktuelle Krise verursacht wurden. Eine Krise, die vor allem die des Kapitalismus selbst ist und einmal mehr seine wirtschaftliche, soziale und ökologische Absurdität hervorhebt. Kapitalismus ist der Tod. Ihm zu widerstehen bedeutet, sich an der Rettung von Leben zu beteiligen, solange uns noch Zeit bleibt.
In ihr Kommuniqué und auf Flugblättern erwähnt Rouvikonas das Beispiel des Widerstands gegen das Globale Sicherheitsgesetz in Frankreich, dem es trotz eines sehr schwierigen Kontextes für die Mobilisierungen gelingt, die Regierung zum Rückzug zu bewegen:
„Wie in Frankreich, wo der Staat auf die gleiche schmutzige Art und Weise versuchte, das Recht auf absolute Repression zu garantieren, und wo die französische soziale Basis auf die Straße ging und sie zum Rückzug zwang. »
Die vollständige Pressemitteilung (und weitere Bilder) findet ihr hier (Griechisch): https://rouvikonas.gr/archives/4710
Wie andere Kollektive in Athen, Kreta und anderswo ist auch Rouvikonas auf dem Gebiet der Solidarität in diesen schwierigen Monaten allgegenwärtig. In Partnerschaft mit mehreren Küchen für Alle beteiligt sich die in Exarcheia und Keratsini (Wir bekamen Informationen das nicht Keratsini, sondern Kaisariani der 2. Standort ist, Enough 14) ansässige anarchistische Gruppe aktiv an den selbstverwalteten Solidaritätsinitiativen der sozialen Bewegung.
Einer der Artikel mit Bilder zu diesem Thema (Griechisch): https://www.documentonews.gr/article/roybikwnas-kai-el-chef-moirazoyn-eidh-prwths-anagkhs-kai-faghto-ypokathistwntas-ton-adiaforo-dhmo-athhnaiwn
Dasselbe wird zur Zeit auf Kreta versucht, in bescheidenerem Maße, auf einer Insel, auf der der Widerstand sowohl gegen große schädlichen Projekte als auch gegen das politische und wirtschaftliche System insgesamt so gut es geht weiter macht. Orte werden geboren (Später werden wir mehr darüber sprechen) und die Aktionen vervielfältigen sich. Unter anderem wurde gestern Abend auf der Festung des Hafens von Heraklion vor den Augen der Einwohner:innen, Seeleute und Passagier:innen ein großes Transparent aufgehängt: „Keine Polizei wird sie vor Ihrer immensen Verantwortung für die Folgen dieser Pandemie schützen können“.
Vollständiges Kommuniqué mit Bilder (Griechisch): https://athens.indymedia.org/post/1608943/
Tatsächlich offenbart diese Pandemie einmal mehr die tiefgreifenden Ungleichheiten angesichts der Eindämmung und ihrer Folgen. Schlimmer noch, Covid19 bietet einen neuen Vorwand für die Herrschenden, um uns das zu rauben, was in dieser zunehmend autoritären Gesellschaft von unserer Freiheit übrig bleibt. Nach dem Terrorismus ist dies die Zeit des Virus. Eilmeldungen reihen sich endlos aneinander. Alle Mittel sind gut, um immer wieder an der Schraube zu drehen und uns brutal in eine dystopische Gesellschaft einzusperren, in der der Staat es wagt, sich in alles einzumischen, was unser Leben ausmacht, von den kleinsten Rissen bis hin zu den Grenzen unserer Intimität.
Diejenigen, die noch nicht verstanden haben, was der Staat ist, sollten ihre Augen dafür öffnen: Egal, welchen Krieg er in unserem Namen erklärt, gegen dieses oder jenes, immer sind wir es, die unter seinen Launen, Willkür und Befehlen die aus heiterem Himmel herabgestürzt sind, leiden.

Umgekehrt ist Exarcheia einer jener Orte, an denen wir in den letzten Jahren gezeigt haben, dass es möglich ist, unser Leben selbst in die Hand zu nehmen, durch Selbstverwaltung, gegenseitige Hilfe, Kreativität, Widerstand, direkte Demokratie und sogar Anarchie – was, wie Elisée Reclus hervorhob, „der höchste Ausdruck von Ordnung“ ist und nicht Chaos, wie die Medien behaupten.

Ein trauriger Tag für diesen Stadtteil von Athen, der von der herrschenden und ihren Diener:innen erstickt wurde. Aber das Korn ist gesät, und während wir darauf warten, dass es sich in Exarcheia wieder ausbreitet, wächst es bereits an neuen Orten in Griechenland 😉
Ich wünsche euch allen liebe Grüße. Haltet durch. Und nochmals Gratulation für den Kampf gegen das globale Sicherheitsgesetz, auch wenn es noch nicht vorbei ist!

Wir haben zwei Solidaritäts-T-Shirts (Bilder unten) für das Enough Blog und Info-Café (Denn wir brauchen ein neue Räumlichkeiten) entworfen. Ihr könnt die Enough Info-Café-Solidaritäts-T-Shirts hier bestellen: https://enoughisenough14.org/product/t-shirt-wir-werden-nicht-zur-normalitat-zuruckkehren-schwarz/ und https://enoughisenough14.org/product/t-shirt-wir-sind-ein-bild-aus-der-zukunft-schwarz/
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